15. April 2020
Elitetipp im April: mal was für Nachwuchs tun
Heute geht es um Bahnlegung für Kinderbahnen. Eine gute Bahnlegung ist neben der Karte und der schönen Natur die Grundlage für echten Orientierungslaufgenuss. Das gilt insbesondere für Kinderbahnen, weil Kinder nicht mehr wiederkommen, wenn es ihnen bei einem der ersten Wettkämpfe keinen Spaß gemacht hat. Und nur um Spaß am OL geht es in den ersten Jahren. Wen erstmal das OL-Fieber gepackt hat, der bleibt auch dabei, wenn er mal mit der Bahn nicht so zufrieden war.
Organisatorische Vereinfachungen sind nötig!
Jeder der selbst mal kleine Kinder hatte weiß wie stressig es ist, den Tagesablauf so zu planen, dass das Kind genau zur geplanten Startzeit fertig ist und auf der Toilette war und mit gebundenen Schuhen und OL-Lust trotz Regenschauer am Start steht. Es ist nicht unmöglich, aber stressiger als wenn es freie Startzeiten für diese Bahnen gibt. Mit einem einfachen Zettel-Reservierungssystem sollte der Ausrichter das fast ohne Mehrarbeit leisten können. Bei den schwedischen O-Ringen mit sogar 300 Kindern in der Altersklasse klappts jedenfalls problemlos.
Außerdem sollten Bahn und Postenbeschreibung vorher z.B. am Start aushängen. Klar, Eltern oder andere Läufer könnten dann einen Blick auf die aktuelle Karte erhaschen. Na und? Wir sind ja nicht mehr in der Pionierzeit. Heute sind fast alle Gelände entweder sowieso bekannt oder aus dem Internet leicht einschätzbar wenn man es darauf anlegt. Den Kindern und Eltern/ Trainern aber wäre viel geholfen, denn dann könnte vorher gut beurteilt werden, ob das Kind irgendwo noch eine Erläuterung braucht. Wird in England seit Jahren so gemacht.
Dass die Bahn in den Klassen bis 12 Jahre eine Minute vorher angeschaut werden darf sollte selbstverständlich sein. Ein Anfänger braucht seine Zeit um die Karte einzunorden, den Start zu finden und die erste Route zu planen- das macht sich schlecht wenn dahinter gleich die nächsten Läufer vorbeistürmen.
Startpunkt
Die leichteste Kinderbahn sollte noch vor der Elitebahn geplant werden. Wenn Start und Ziel so gewählt sind, dass für beide Bahnextreme eine gute Bahnanlage möglich ist, dann kriegt man auch die restlichen Bahnen reingezimmert. Kinderbahnen legt man zuerst, denn sie verzeihen einen schlechten Startpunkt nicht. Sie sind extrem kurz und schon eine einzige unmögliche Passage (z.B. ohne Wege) oder eine undeutliche Wegkreuzung machen die ganze Bahn kaputt. Dahingegen sind zu leichte Wegpassagen am Anfang oder langweilige Pflichtübergänge für die langen Bahnen in der Regel allerhöchstens etwas blöd.
Ein guter Startpunkt ist außerdem nicht weiter als 1km vom Ziel entfernt, denn selten wollen Kinder ganz alleine zum Start laufen. Eltern oder Betreuer müssen also mit, unter Umständen müssen Jacken geschleppt werden und wenn das Kind schon wieder im Ziel ist bevor die stolzen Eltern im Zieleinlauf anfeuern können wird OL schnell von fast unsichtbar zu ganz undurchschaubar.
Bahnlegung
Für die Bahnlegung gibt es ja die bekannten Vorschriften aus den Wettkampfbestimmungen. Leitlinien, keine Höhenobjekte,.. Aber das kann man noch präzisieren. Die Posten sollten auch für Augenhöhe 1,30m sichtbar stehen. Wo der erwachsene Probeläufer locker über das Brombeerfeld oder das hohe Gras hinwegschauen kann sieht das viel kleinere Kind den Posten vielleicht erst ein paar Meter davor. Posten hinter dem Postenobjekt wie bei der Elite sollen nicht sein- wenn ein Kind bis in den Postenraum gefunden hat sollte es auch den Posten sehen können.
Posten hinter Zäunen, wie sie beim Sprint für Elitebahnen ein wichtiger Routenwahlfaktor sind sind für Kinder fies. Kinder klettern einfach über den Zaun und werden dann disqualifiziert, weil sie im Wettkampf gar nicht erfassen können, dass der Zaun unpassierbar gezeichnet ist.
Auch an ganz einfachen Wegkreuzungen lauern Fallen: der Posten muss so geplant werden, dass er schon in der Ablaufrichtung für den nächsten Posten steht. Steht er dagegen in der anderen Richtung ist sehr wahrscheinlich, dass das Kind den falschen Weg weiterlaufen wird, denn auf der Karte sieht es aus als ginge es einfach nach dem Posten den Weg weiter.
Für uns Erwachsenen sind Schilder wie „Grundstück betreten verboten“, geschlossene Tore oder Schranken, Absperrbänder usw kein Problem, wenn dort auf der Karte alles passierbar gezeichnet ist. Kinder dagegen sind in dieser Situation schnell überfordert, denn sie wollen nichts Verbotenes tun und können nur schlecht entscheiden, was jetzt gilt: Karte oder Schild.
Versuch mal Nicht-OLern zu erklären, dass sie am Posten 1 die 57 stempeln müssen (und nicht die 1) und am Posten 2 die 34. Noch schwieriger wird es für Kinder, wenn an Posten 1 die 57 dran ist und an Posten 2 die 75. Warum bekommt die Bahn für die Kleinsten nicht wenigstens die Posten in der richtigen Reihenfolge? Die Eliteläufer, denen diese Ehre meist zuteil wird haben das System doch verstanden?
Die Postenbeschreibung soll den Standort des Postens näher beschreiben. „Nordöstl. bes. Laubbaum, Westseite“ verwirrt Kinder mehr als dass sie hilft. So eine komplexe aber regelkonforme Beschreibung kann sich doch kein Kind vorstellen! Daher muss sie für Kinder anders aussehen als für Eliteläufer. Wäre nicht „großer Laubbaum“ treffender, wenn man sowieso Text ausgibt?
Siegerehrung
Alles richtig gemacht und alle Kinder sind ins Ziel gekommen? Dann ist ein winziger Preis für alle Teilnehmer toll. Schokoriegel, Gummibärchen, Kekse… es muss nichts Großes sein. Wir nehmen immer an einer Laufserie teil, da gibt es nach 6 Läufen eine Flasche Multivitaminsaft, den wir sonst nie kaufen. Die Motivation dafür an 6 Läufen teilzunehmen ist immer riesig.
Bei der Preisübergabe ist es schön, wenn dafür alle Kinder zusammen nach vorne gerufen werden. Wer will kann ja die Sieger noch besonders herausstellen, in den Ergebnislisten sind die ja sowieso nochmal extra erwähnt.
Zum Schluss
Mancher wird denken, dass mein Motto „Kinderbahn first“ übertrieben ist.
Die Statistik sagt etwas anderes. Wenn man auf die Starter in den älteren Klassen schaut fällt auf: Wer viele Jahre OL macht, der hat fast immer schon als Kind mit dem OL angefangen und ist dabeigeblieben. Oder er hat wegen seiner Kindern OL angefangen. Anders gesagt: Wer nicht als Kind oder wegen der Kinder mit OL anfängt tut es nie. Kinder beim OL zu halten ist der Schlüssel für hohe Teilnehmerzahlen in den Altersklassen. Tut was für den Nachwuchs und denkt über gute Kinderbahnen nach!
Autor: Ingo Horst mit Ideen von Elfi Coppik und Uwe Möser
Der Elitetipp erscheint monatlich auf o-sport.de. In ihm werden verschiedene Leute über spezielle Themen im OL berichten, mit denen sie sich auskennen. Der Elitetipp soll dazu anregen, selbst darüber nachzudenken, was man alles besser machen könnte im OL.
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