08. Oktober 2024
Felsen, Indoor, Burgsprint - Die DM Lang
In einem in Deutschland wohl einzigartigen Gelände fand an diesem Wochenende die deutsche Meisterschaft Langdistanz statt. In den Nikolsdorfer Wänden wurden die letzten Medaillen der Saison ausgelaufen. Mit Susen Lösch und Ole Hennseler fanden sich zwei altbekannte deutsche Meister*innen. Tags darauf fand die nationale Saison mit dem Deutschland-Cup ihren Abschluss. Den Titel verteidigte der SV Robotron Dresden. Schon in den Tagen zuvor boten die Ausrichter des USV TU Dresden ein reichhaltiges Programm. Am Nationalfeiertag ging es mit einem Indoor-OL in Gebäuden der Universität Dresden los, am Freitag stand ein DPT-Sprint in Hohnstein an.
DM Lang
Wohl fast jeder*m Dresdener*in dürfte das Felsenlabyrinth bekannt sein, welches das Herzstück der Nikolsdorfer Wände bildet. Schon zum Vielposten-OL 2020 durften die Läufer*innen das Gelände rund herum genießen. Von den tschechischen WM-Kartierern aufgenommen wurde die Karte nun auf die doppelte Größe erweitert. In Teilen muteten die Bahnen fast mitteldistanzmäßig an – wer fand den richtigen Schlot am sichersten, wer verlor Zeit zwischen den vielen, gleichartigen Felswänden oder zwischen den Steinen, wer fand den Weg zwischen den Felsblöcken und Kaminen hindurch, ohne in einer Sackgasse zu landen? Zeit die Langdistanz vorzubereiten gab es in diesem feinorientierungslastigen Start kaum. Denn solch typische Routenwahlen folgten, auf den längeren Bahnen ging es quer über die Karte bis hinein in die Hänge des Bielatals.
In den Elitekategorien war fast das gesamte Nationalteam am Start, entsprechend prägten sie auch das Podium. Bei den Herren entwickelte sich ein enges Rennen zwischen den vier Topfavoriten. Ole Hennseler, Riccardo Casanova, Toby Scott und Bojan Blumenstein lagen alle im Laufe des Rennens mindestens einmal in Führung und belegten fast durchgehend die Spitzenpositionen. Dabei erwischte Ole Hennseler sogar den schlechtesten Start der vier. Zur Rennhalbzeit lag er mehr als zwei Minuten zurück, auf den langdistanztypischen Routenwahlen in der zweiten Rennhälfte arbeitete er sich peu à peu im Klassement nach vorne und übernahm auf der Schlusschleife schließlich die Führung von Riccardo Casanova, die er auch nicht mehr hergab und seinen Titel damit verteidigte.
Die Konkurrenz der Damen gewann die Norwegerin Emma Luise Arnesen. Sie setzte sich an Posten drei bereits in Front und baute ihren Vorsprung auf 5 Minuten im Ziel aus. Die deutschen Damen lieferten sich ein enges Rennen um den DM Sieg. Wie bei den Herren auch erwischte die spätere Siegerin Susen Lösch keinen guten Start. Sie lief lange Zeit hinterher, während Birte Friedrichs auf dem Weg zu ihrem ersten Langdistanztitel im Elitebereich schien. Entscheidend sollte der vorletzte Posten 23 sein. Birte Friedrichs verlor über eine Minute und fiel nicht nur hinter Susen Lösch zurück, sondern musste sich in dem engen Duell der vier Damen auch noch hinter Hanna Müller und Patricia Nieke mit Platz vier begnügen.
Wie seit einigen Jahren bereits wurde in den Eliteklassen der DM Lang auch in diesem Jahr ein Preisgeld ausgelobt. Die Preisgelder der bestplatzierten Deutschen stammen von einem anonymen Spender an den DOSV. Zusätzlich wurde auch ein Preisgeld für die WRE-Siegerin Emma Arnesen durch den DOSV ausgelobt.
Erwähnt werden müssen neben der Elite aber auch andere. Natürlich waren die Dresdener*innen allein schon durch die gute Kenntnis dieses Geländetyps aus den nahen tschechischen Läufen favorisiert, auffällig viele Altersklassen entschieden die hiesigen Läufer*innen für sich. Ob Greta Pompe (D16) oder Stanja Lindig (D18) bei den Jugendlichen, oder aber Andreas Lückmann (H55) oder Jens Leibiger (H65), oft war gegen die Dresdener kein Gewinnen. Nicht immer allerdings gewann die Dresdener, wie Ole Baath (H18, Jetzendorf) oder Kirsten Muche (D40, Kassel) zeigten. Ganz besonders sticht auch die Leistung der ältesten Starter heraus: Sieger Rolf Heinemann kämpfte sich nach knapp über zwei Stunden ins Ziel, der drittplatzierte Edmund Keil hielt 3:30 Stunden durch.
Besonders war wohl auch die Kulisse, vor der die DM stattfand. Die Zielwiese lag vor dem Panorama der Festung Königstein. Dort wurden am Samstag zahlreiche Kanonenschüsse abgefeuert, der Wald erbebte mit jedem Schuss aufs Neue.
Deutschland-Cup
Den traditionellen Abschluss bildete am Sonntag der Deutschland-Cup im gleichen Gelände. Zum ersten Mal innerhalb der Wettkampftage klarte das Wetter auf und es blieb den Tag über trocken. Das Zielgelände hatte schon genug gelitten, rund um das Gebäude des Walderlebniszentrums war die Wiese zu knöcheltiefem Schlamm aufgeweicht. Pünktlich mit dem Startschuss um 9:30 Uhr, durchgeführt vom lokalen Schützenverein in Gardeuniform, startete die Action. Die Läufer*innen der langen Startstrecke kraxelten in langen Schlangen die engen Schlote hinauf und stürzten sich zwischen den vielen Felsen die Hügel wieder hinunter. Umso ärgerlicher für jede*n der*die sich am falschen Gabelposten wiederfand. Wie wohl nicht anders zu erwarten dominierten die Eliteläufer das Geschehen auf dieser ersten Strecke, die der Oberbexbacher Lucas Imsweiler gewann. Hervorragende Läufe zeigten aber auch viele Altersklassenläufer*innen oder Jugendliche. Leif Bader kam für Post SV Dresden 2 als dritter von der Startstrecke zurück und setzte sich gegen das erste Team durch, Hanna Müller hatte als erste Frau nicht einmal zweieinhalb Minuten Rückstand. Ihr auf den Fersen war mit Julian Doetsch auch ein starker Jugendläufer.
Auf der zweiten Strecke blieben die auf den ersten Strecken favorisierten Oberbexbacher in Führung. Jacob Imbsweiler übernahm und baute den Vorsprung sogar aus. Erste Verfolgerin war Julia Fritz für das OL-Team Filder, dahinter folgten mit unter anderem zwei Robotron- und zwei Post-Teams die Favoriten auf den Gesamtsieg. TU Dresden hatte zu diesem Zeitpunkt schon fünf Minuten Rückstand. Die Bestzeit auf der Strecke lief Lone Pompe, die im familieninternen Duell gegen Vater Tilo den Kürzeren gezogen hatte und „nur“ in Team zwei randurfte. Die meisten Plätze werden logischerweise im Mittelfeld gutgemacht – Louis Antoine Krüger überholte 23 andere Staffeln.
Mit zunehmender Wettkampfdauer werden die Abstände zwischen den einzelnen Teams üblicherweise größer, sodass es nicht mehr zu gar so vielen Überholungen kommt. An der Spitze aber setzten sich jetzt die Favoriten in Front: Jannika Wetzel für Robotron 2, Greta Pompe für Robotron 1. Der TV Oberbexbach fiel auf Platz 4 zurück, weil Anja Kästner unglücklich die Brille und mit schlechter Sicht dann auch Zeit verlor. Mit Mikuláš Janda ging die Bestzeit auf Strecke drei nach Gundelfingen.
Auf der vierten Strecke festigte der SV Robotron Dresden 1 in Person von Niklas Wetzel die Spitzenposition und langsam zeichnete sich ab, dass die Robotroner, die im letzten Jahr nach langer Durststrecke den Deutschland-Cup wieder für sich entscheiden konnten, ihren Titel verteidigen könnten. Die ärgsten Verfolger, das nominell stärkere Team Post SV 1 fiel weit zurück, dafür blieb das zweite in Reichweite. Beim TV Oberbexbach wuchs Noah Lezius über sich hinaus. Er hielt den Anschluss an jenes Post SV 2 Team, für das Jakob Drechsler die Bestzeit auf Strecke vier lief. Und jetzt pirschte sich auch langsam der USV TU Dresden in Person von Patricia Nieke in den engen Kreis der Medaillenkandidaten.
Die Schlussstrecke für die Robotroner lief Loic Dequiedt, und wie im Vorjahr entpuppte er sich als sichere Bank. Er ließ nichts mehr anbrennen und mit über drei Minuten verteidigte der SV Robotron Dresden den Titel. Die „Dresdener OL-Legende“ Tilo Pompe fasste den Sieg treffend zusammen: „In diesem Gelände machen alle Fehler, wir haben sie am kleinsten gehalten“. Dahinter aber tat sich noch einiges. Konstantin Kunckel zeigte einen klasse Lauf und sicherte dem USV TU Dresden die Silbermedaille. Bronze ging an den dritten Dresdener Verein, David Saupe hielt für den Post SV Dresden 2 seinen Vereinskollegen Matthias Kretzschmar auf Distanz. Klaus van Bentum erreichte für den TV Oberbexbach den achtbaren fünften Platz. Die Bestzeit lief einmal mehr Ole Hennseler, auch wenn es für seine Seesener am Ende nur zu Platz 8 reichte.
Spannung gab es auch im Schüler-Cup, auch wenn der Ausgang schlussendlich gewohnte Bahnen nahm. Die Startstrecke gewann noch Marius Lange von USV TU Dresden, dann übernahm aber die Hildesia Diekholzen das Kommando. Hanna Stark lief einen Vorsprung von mehr als 11 Minuten gegenüber den favorisierten Staffeln des USV TU und Post SV Dresden heraus, Levi Brauer verwaltete den Vorsprung, der Vorsprung auf Platz drei lag jetzt schon bei über zehn Minuten. Auf der Schlussstrecke war aber wie so oft in diesem Jahr kein Kraut gegen Selma Drechsler (Post SV Dresden) gewachsen. Sie übersprintete auf den letzten Metern sogar noch Aiko Klein (USV TU Dresden) und sicherte den Schülertitel. Hildesia Diekholzen konnte sich über Bronze freuen.
Indoor-OL und Burgsprint als Vorprogramm
Bereits die Tage vor den Meisterschaften ließen sich mit reichlich OL füllen. Die Ausrichter des USV TU Dresden hatten große Geschütze aufgefahren und boten ein volles Programm – mit DM und DCup vier Tage Saxonian-O-Festival. Erster Leckerbissen war bereits der Indoor-OL am Donnerstag. Bahnlegerin Anna Wartewig versprach Hogwarts, wir bekamen Hogwarts. Die wenigsten hätten wohl tatsächlich damit gerechnet, dass man in einem einzigen Unigebäude über eine Stunde lang unterwegs sein konnte. Sieben Stockwerke des Georg-Schumann- und des verbundenen Hülse-Baus hatten die Veranstalter aufgenommen und präpariert. Die Gebäude mit zweifelhafter Vergangenheit schienen wie gemacht für einen Indoor-OL. 26 Treppen ließen reichlich Etagenwechsel zu, die einzelnen Stockwerke des Georg-Schumann-Baus verdrehten sich gegeneinander, Zwischenetagen auf halber Höhe ließen manch Eine*n verzweifeln. Wer sich schließlich über seine Strecke mit bis zu 46 Etagenwechseln (natürlich nur auf der Idealroute) gekämpft hatte, wird nass geschwitzt und voller Begeisterung gedacht haben: „Mehr davon!“
Nicht minder schön – abgesehen vom Wetter – ging es mit dem Sprint zur Deutschen Park Tour am Freitagnachmittag weiter. Das beschauliche Städtchen Hohnstein mitten in der sächsischen Schweiz lud ein – zu schade, dass Wetter und Wettkampfzeit eine anschließende Besichtigung ausschlossen. Zunächst laufbetont ging es durch die Wohngebiete im Randbereich, mit schon etwas Laktat in den Beinen und grau im Kopf durften schließlich die Gassen des Dorfkerns und die Burg erkundet werden. Auf dem nassen Kopfsteinpflaster dürfte manch Eine*r mit Blick auf die DM vorsichtiger gelaufen sein. Und die meisten werden froh gewesen sein, dass sich die ausgeschriebenen Höhenmeter nicht gar so schlimm anfühlten. In den nächsten Tagen sollten ja noch ausreichend solche kommen.
Jahresabschluss und Ausblick
Mit einem großen Dank an die Ausrichter des USV TU Dresden geht eine tolle Saison voller Highlights auch auf nationaler Ebene zu Ende. Einige Läufe kommen noch, unter anderem ein Park Tour Sprint in Kiel in knapp zwei Wochen. Dann geht es ins Wintertraining und in die Vorbereitung auf das nächste Jahr, in dem hoffentlich nicht weniger schöne Highlights warten.
Mehr:
Ergebnisse der DM Lang im OManager
Website Saxonia-O-Festival
Bilderarchiv DM Lang mit Bildern von Sabine Nieke und Josef Neumann
Bilderarchiv DM Lang Siegerehrung von Sabine Nieke
Bilder Indoor-Cup von Sabine Nieke
Bilder Park Tour-Sprint in Hohnstein von Sabine Nieke