27. August 2024
EOC 2024: Staffel
Platz 8 in einem schnellen und engen Staffelrennen – wer es live angeschaut hat, wird mitgeschwitzt haben als sei man selbst gelaufen. Wer nicht – es lohnt sich, es auch im Nachhinein noch anzuschauen. Die drei Herren zeigten hervorragende Leistungen und belohnten sich. Auch die Damenstaffel kann mit Platz 13 zufrieden sein. Die Siege gingen an Norwegen (Herren) und die Schweiz (Damen).
Ergebnis
Herren
1. Norwegen (E. Kinneberg, E. Langedal Breivik, K. Harlem Fosser) 106:28 Minuten
2. Schweden (V. Svensk, A. Ridefelt, E. Svensk) +2:08
3. Schweiz (D. Hubmann, F. Aebersold, J. Hadorn) +2:48
8. Deutschland (F. Späth, B. Blumenstein, O. Hennseler) +8:51
Damen
1. Schweiz (I. Berger, N. Gemperle, S. Aebersold) 106:23 Minuten
2. Norwegen (K. Steiwer, M. Olaussen, A. Benjaminsen) +0:21
3. Schweden (J. Ridefelt, H. Lundberg, T. Alexandersson) +2:45
13. Deutschland (H. Mülller, L. Pompe, B. Friedrichs) +17:30
Bericht
Startläufer Felix Späth lieferte wie so oft schon in den letzten Jahren eine blitzsaubere Leistung auf der Startstrecke ab – mehr zu fordern wäre vermessen. Er selbst berichtete, dass er durch die viele Erfahrung auf Startstrecken verschiedener Staffeln ein entsprechendes Selbstverständnis entwickeln konnte, das er so ausspielen konnte: „Ich hatte ein gutes Selbstvertrauen, wusste dass ich in guter Form bin und dass es auch diesmal wieder gut gehen wird.“ So konnte er ruhig und entspannt an den Start gehen, es galt: „Meine Posten anlaufen, gucken, was die anderen machen, kämpfen bis zum Umfallen!“ Das klappte, Felix hielt lange den Anschluss an die Führungstram und musste erst auf den letzten Posten einen kleinen Rückstand hinnehmen. Er übergab in der Verfolgertram als 11. aller Staffeln mit nur 43 Sekunden Rückstand.
Bojan Blumenstein berichtete auf der zweiten Strecke von einem etwas nervösen Beginn. „Am ersten Posten habe ich die Höhen einfach falsch gelesen und es dauerte eine Weile, bis ich herausgefunden hatte, was los war.“ Ein weiterer kleiner Zeitverlust am 6. Posten, er wird von Norwegen 3 und Frankreich 3 aufgelaufen. Die folgende Routenwahl aber hatte das Team optimal vorbereitet, und so konnte Bojan wieder zur Gruppe aufschließen. Letztlich übergab er an Ole in derselben Gruppe, mit der auch er in den Wald gegangen war. Und immer im Hinterkopf: Von den für die World Games Qualifikation relevanten Teams lag nur Estland vor Deutschland – die aber waren zu dem Zeitpunkt schon durch einen Fehlstempel ausgeschieden.
Zum Abschluss glänzte Ole Hennseler auf der Schlussstrecke. Nach einem kurzen Zögern zu Posten 6 lief er zusammen mit dem Schweizer Martin Hubmann: „Erstaunlicherweise hatte ich das Gefühl […], ich könnte ohne großes Risiko noch schneller rennen und habe deshalb selbst die Führung übernommen. Ich denke da haben sich das erste Mal die gesparten Kräfte durch die weggelassene Langdistanz gezeigt.“ An Posten 10 entschied Ole die Routenwahl an der Spitze der Tram. Als er sich wenige Meter später umdrehte, folgte ihm keiner. Also: Tempo. Es zahlte sich aus, an der Arena hatte er rund 30 Sekunden Vorsprung auf die Verfolgertram. Bergauf kam zwar der Mann mit dem Hammer, doch die Teams, die Ole noch vorbeilassen musste, waren lediglich die zweiten und dritten Teams aus Norwegen, Finnland und der Schweiz. Die Teams der anderen Nationen – Ungarn, Slowakei, Italien – distanzierte er und holte einen umjubelten achten Platz nach Hause. „Mega happy mit dem Ergebnis!“, fassten es alle drei anschließend zusammen.
Die Damen direkt im Anschluss konnten insbesondere technisch ansprechende Läufe zeigen. Physisch waren andere etwas stärker. Trotzdem reichte es zu einem guten 13. Platz. Startläuferin Hanna Müller schaffte es, bis etwa zur Hälfte der Strecke der Führungstram zu folgen. Danach wurden die Konkurrentinnen zu schnell, Hanna jedoch schaffte es auch allein, die Kontrolle und ein hohes Tempo zu behalten.
Sie übergab auf Juniorin Lone Pompe, die sich nach starken Leistungen bei der deutschen Meisterschaft für diesen Einsatz empfohlen hatte und nach Krankheit bzw. Verletzungen der angestammten Läuferinnen zum Zuge kam. Ihre Leistung war so gut, wie man sie von einer Juniorin erwarten kann: Das Tempo der Tram mitgehen, die Posten sauber finden. Die stärksten Konkurrentinnen musste sie um einige Sekunden ziehen lassen, konnte aber bis zum Ziel den Anschluss an die Tram um die Plätze 9 – 13 halten.
So lag es an Schlussläuferin Birte Friedrichs, die Leistung abzurunden, was ihr mit einer soliden Performance gelang. Ihre Hauptkonkurrentin wurde die Lettin Sandra Grosberga, die schon einige internationale Top10-Resultate vorweisen kann und durch einen Fehler zwischenzeitlich eine halbe Minute hinter Birte zurückfiel. Sie entpuppte sich als zu stark für Birte. Im Endspurt auf den letzten Posten unterlag sie und musste sich um 7 Sekunden mit Platz 13 geschlagen geben.
International
Auf der Startstrecke der Herren blieb das gesamte Feld, wie meist bei einem so physisch geprägten Wettkampf, dicht beisammen. Die verschiedenen Gabelungsvarianten trennten die Läufer nur kurzzeitig, unterschiedliche Routenwahlen boten sie nicht an. So entschied die Physis viel über das Ergebnis. Bis zur ersten Arenapassage lagen 20 Teams innerhalb einer Minute, in Führung Eetu Savolainen aus Finnland. Nur einer entschied sich immer wieder für eigene Routenwahlen: Der Ukrainer Ruslan Glibov. Er war es auch, der nach der kurzen Schlussrunde als erster aus dem Wald kam und den Startstreckensieg verbuchen konnte.
Es war abzusehen, dass sein zweiter Läufer diese Position nicht würde verteidigen können, und so waren es schon nach wenigen Posten die üblichen Verdächtigen an den ersten Positionen. Eirik Langedal Breivik (NOR) und Fabian Aebersold (SUI) in Führung, sie setzten sich schnell um eine Minute von den Verfolgern aus Finnland und Schweden ab. Direkt dahinter machten zwei andere Läufer Platz um Platz gut: Jannis Bonek (AUT) und insbesondere Lucas Basset (FRA). Noch hinter Bojan gestartet schafften sie es fast, den Kontakt zu den Medaillenplätzen herzustellen. Auf der Schlussrunde folgte die Vorentscheidung der Staffel: Während Breivik seine Gabelungsvariante problemlos anlief, verlor Aebersold viel Zeit – und Norwegen wechselte in alleiniger Führung mit einer Minute Vorsprung.
Dass Schlussläufer Kasper Fosser diese Zeit aus der Hand geben würde? Eigentlich unvorstellbar. Der Vorsprung geriet nie in Gefahr, mehr noch, Fosser baute ihn sogar schnell auf zwei Minuten aus und führte die norwegischen Herren zum überlegenen Sieg. Dahinter aber entlud sich das Rennen. Zunächst verloren Emil Svensk (SWE) und Miika Kirmula (FIN) durch die falsche Gabel an Posten 5 Zeit, gleich im Anschluss lief alles wieder zusammen, als Joey Hadorn (SUI) im Anlauf zu Posten 8 einen Parallelfehler machte. Auch Kirmula machte in der Folge noch diesen Fehler – Finnland im Hintertreffen. So entschieden sich die weiteren Medaillen zwischen Svensk und Hadorn. Der Schwede erwies sich als der an diesem Tag physisch Stärkere und sicherte seinem Team Silber.
In der Damenstaffel gab es eine große Überraschung bereits vor dem Start. Bei dem Team aus der Schweiz lief auf der Startstrecke nicht Paula Gross, die nach dem Karriereende von Elena Roos im letzten Jahr wohl die logische Startläuferin gewesen wäre. Bei der Mitteldistanz hatte sie sich als letztlich Fünftplatzierte durch einen Ast am letzten Hang verletzt. Ihre junge Teamkollegin Inés Berger, selbst Sechste der Mitteldistanz, ersetzte sie und lieferte ab. Sie lag für den Großteil des Rennens in Führung, wechselnd mit der für ein Mixedteam laufenden Schwedin Alma Svennerud. Beide zeigten eine großartige Vorstellung: Die schwedische Bronzemedaillengewinnerin der diesjährigen JWOC gewann die Startstrecke sogar vor starken Läuferinnen wie Johanna Ridefelt (SWE 1), Evely Kaasiku (EST), Miri Thrane Ödum (DAN) und Maelle Beauvir (FRA).
Auch bei den Damen setzten sich auf der zweiten Strecke zwei Teams ab. Für die Schweiz führte Natalia Gemperle das Rennen an, ihr folgte dicht die Norwegerin Marie Olaussen. Dahinter entstand eine Lücke zu den Teams aus Ungarn und Finnland, und überraschend musste auch Hanna Lundberg (SWE) dem technisch anspruchsvollen Gabelungssystem an Posten 5 Tribut zollen, als sie zu hoch im Hang blieb. Sie versuchte den Schaden noch zu begrenzen und verkürzte den Rückstand wieder um einige Sekunden, der Rückstand von 1:40 Minuten war aber schon beträchtlich.
Zur Schlussstrecke der Damen gab es plötzlich einen Wetterumschwung und damit völlig veränderte Bedingungen: Ein Starkregenschauer überraschte Läuferinnen und Zuschauer. Der Regen reduzierte die Sicht und machte die Hänge rutschig. Einen wesentlichen Einfluss auf das Rennen hatte das Wetter glücklicherweise nicht – gleiche Bedingungen für alle. Für Schweden lag also an Lundbergs Teamkollegin Tove Alexandersson, die Staffel noch für die Schwedinnen zu drehen. Doch auch für sie – Schwierigkeiten an Posten 5, und nun 2:20 Minuten Rückstand ließen den Kampf um Gold aussichtslos erscheinen. Denn weder Simona Aebersold (SUI) noch Andrine Benjaminsen (NOR) gaben sich irgendwelche Blöße. Die Entscheidung im Kampf um Gold fiel fast zum gleichen Zeitpunkt wie im Herrenrennen. Auf der langen Routenwahl auf dem Rückweg zur Arena entschied sich Aebersold im letzten Teil der Route für einen anderen Postenanlauf. Mit Erfolg, sie konnte die entscheidenden Meter zwischen sich und die Norwegerin bringen. Für Schweden blieb nur die Bronzemedaille. Bemerkenswert ist noch eine andere Leistung: Das ungarische Heimteam erlief Platz 6 – in derselben Besetzung, mit der sie im letzten Jahr JWOC-Gold gewonnen hatten. Eine vielversprechende Staffel für die Zukunft.
Was steht an?
Die EOC war neben den Titelkämpfen auch ein entscheidender Baustein im Kampf um die World-Games-Tickets. Ein europäischer Quotenplatz stand zu vergeben, und nach der verpassten Quali über die Weltliste lief das deutsche Team auch um diesen. Im Vergleich mit den anderen Nationen, die um diesen Platz kämpfen, gewann Team Deutschland diese EOC – es zählen in die Wertung nur Mittel und Staffel – deutlich. Das Problem: Zu einem Viertel zählt auch die Positionierung in der Weltrangliste-Sprint, und weil die besten deutschen Athleten dort deutlich hinter der Konkurrenz unter anderem aus Dänemark zurückliegen, reicht wohl auch diese bärenstarke Leistung bei der EOC knapp nicht. Noch ist nichts entschieden, es stehen noch WRE-Sprints aus, und die Deadline ist Ende Oktober.
Und noch ein weiterer internationaler Anlass steht an. Ende September geht es in der Woche vor der DM Lang zum Pre-WOC-Weltcup nach Finnland.
Mehr:
Ergebnis Staffel
Podcast "Dickichtgeflüster" Folge 6 mit Ole und Bojan zur EOC Staffel