09. Juli 2024
JWOC Staffel
JWOC-Waldstaffel, die Königsdisziplin zum Abschluss, wenn es darum geht, dass drei Läufer*innen optimale Läufe erwischen. In Deutschland fristet die Staffel manchmal ein Randdasein, andere Länder, beispielsweise die Tschechen, laufen regelmäßig solche Wettkämpfe. Ein Highlight also zum Abschluss, das Deutschland bei den Damen auf einem guten 10. Platz beendete, bei den Herren ist mit Platz 20 Luft nach oben. Es gewannen die Teams aus Finnland (Damen) und der Schweiz (Herren).
Es ging ins Nachbargelände der Mitteldistanz. Die Arena selbst blieb dieselbe, die Charakteristik ebenso. Zu den tiefen, verzweigten Grabensystemen kam aber ein Abschnitt ehemaliger Bergbautätigkeiten. Unübersichtlich viele, kleine Gruben zwischen den Gräben prägten das Gebiet. Die Bahnleger wussten das zu nutzen, ein weit gefächertes Gabelungssystem erwartete Läuferinnen und Läufer, nachdem sie über eine lange Verbindung, auf welcher es darum ging auf der roten Linie die Richtung zu halten, dorthin geführt wurden. Nach diesem diffizilen Teil wurde es wieder schnell, flach bergab sorgte eine Längsgabelung für Parallelfehler. Noch einmal ging es mehr (Herren) oder weniger (Damen) ausgeprägt in die Gräben, dann folgten Arenadurchlauf und eine kurze, schnelle Schlussrunde.
Im Damenrennen schlug Team Deutschland 2 das nominell erste Team und erlief Platz 10. Es hätte mit optimalen Läufen mehr drin sein können. In einem Rennen, in dem jede Staffel einen größeren oder kleineren Fehler zu verzeichnen hatte, braucht es aber auch etwas Glück, um von solchen verschont zu bleiben. Für die zweite deutsche Staffel erwischte es gleich Jule Roßner auf der Startstrecke. Bei der Gabelung im grubenübersäten Bereich folgte sie der Tram zum falschen Gabelposten, musste sich wieder einlesen und verlor Zeit und den Anschluss – bis dorthin war sie mit der großen Führungstram unterwegs gewesen. Marlene Fritz und Anne Kästner auf den folgenden Strecken schafften es, nahezu fehlerfrei zu bleiben. Das spülte die deutsche Staffel nach vorn. Vor allem Marlene war die Freude und Erleichterung über diesen Lauf im Ziel wahrhaftig anzumerken, nachdem die vergangenen Tage nicht nach ihren Vorstellungen verlaufen waren.
Für das geschlagene Team Deutschland 1 schaffte es Lone Pompe auf der Startstrecke noch etwas länger als Jule, an der ersten Verfolgertram dranzubleiben. Die Längsgabelung an Posten 7 forderte dann aber schließlich viele Opfer, nicht nur Lone. Weil auch Emma Caspari und Julia Fritz auf den folgenden Strecken Fehler machten und nicht so stark wie das zweite Team liefen, konnte sich dieses durchsetzen.
Den stärksten Lauf der deutschen Herren zeigte Startläufer Anton Knoll – leider für ein Mixed-Team. Er konnte ohne Druck ins Rennen gehen und wollte das nutzen, um sich auszuprobieren: Solange wie nur irgendwie geht an der Spitze mitlaufen, auch wenn er irgendwann graugelaufen sein würde und die Fehler kämen. An die absolute Spitze kam er nie heran, war doch allein schon die Startposition in der sechsten Startreihe zu weit hinten. Er schaffte es aber, über weite Strecken in der Verfolgertram mitzulaufen und gab auch dann nicht auf, als im Grabensystem ein kleiner Fehler Zeit kostete. Mit gut vier Minuten Rückstand übergab er auf Teo Struck, dem ebenfalls ein recht ordentlicher Lauf gelang. Für die deutsche Wertungsstaffel missglückte Till Buchberger schon der Start. Weil ihm in der Hektik der Startphase der Standort des Startpostens nicht klar war und er unglücklicherweise den einzigen kurzen Gabelungsposten am ersten Posten hatte, verlor er schon hier komplett den Anschluss und war auf sich allein gestellt. Auch Tobias und Florian gelangen nicht so starke Läufe wie in den Tagen zuvor, sodass in der bereinigten Nationenwertung nur Platz 20 blieb.
Auf der Startstrecke des Damenrennens setzten sich schnell zwei Staffeln ab, vielleicht auch begünstigt durch eine schnellere Gabelungsvariante im Bergbaugebiet. Für die Schweiz lief Henriette Radzikowski, für ein Mixedteam die Belgierin Tille de Smul. Während die Konkurrentinnen hinter ihnen mehr oder weniger große Fehler machten, hielten die beiden sich schadlos und bauten ihren Vorsprung aus. Erst auf der Schlussrunde konnte Radzikowski noch einen kleinen Vorsprung vor der Belgierin herauslaufen. Erste Verfolgerinnen waren Finnland und Norwegen, schon mehr als eine Minute zurück. Die favorisierten Tschechinnen lagen noch eine weitere Minute dahinter.
Auf Strecke zwei gab es schnell einen Führungswechsel. Virna Pellikka (FIN) überlief Seline Sannwald (SUI) im unübersichtlichen Bergbaugebiet. Auch sie lief dort nicht fehlerlos, sie machte ihren Fehler allerdings schneller und kontrollierter. Hinter Sannwald holte auch Viktorie Skachova (CZE) auf, die ähnlich schnell unterwegs war wie ihre finnische Konkurrentin. Kurz vor der Arenapassage überholte sie die Schweizerin, die auf der Schlussrunde immer weiter ins Hintertreffen geriet und viel Zeit verlor. Auf Platz vier, nun fast in Schlagdistanz zur Schweiz, lag etwas überraschend das lettische Team vor Norwegen.
Schlussstrecke, Finnland gegen Tschechien, oder Eeva Liina Ojanaho gegen Lucie Dittrichova. Die Tschechin hatte eine knappe Minute Rückstand, die würde sie schnell egalisieren können. Oder? Gleich am ersten Posten schoss Dittrichova vorbei und brauchte zwei Minuten, bis sie wieder die Kontrolle und ihren Posten gefunden hatte. Norwegen und die Schweiz zogen vorbei. So war es an der Spitze ein angenehm einsames Rennen für Ojanaho. Sie blieb fehlerfrei und führte ihr finnisches Team souverän zum Sieg. Dahinter entbrannte der Kampf um die weiteren Medaillen. Dittrichova schickte sich an, die Lücke zur Schweiz und Norwegen schnell wieder zuzulaufen. Sie schaffte es auch. Die Entscheidung fiel aber, kaum dass sie den Anschluss geschafft hatte und die drei das schwierige Bergbaugebiet hinter sich gelassen hatten. Zunächst konnte Kati Hotz (SUI) dem Tempo ihrer Konkurrentinnen nicht mehr folgen und fiel zurück. An dem längsgegabelten Posten 7 führte Matthea Gloersen (NOR) ihre Variante am saubersten aus und erarbeitete sich etwa zehn Sekunden Vorsprung. Dittrichova schaffte es nicht, diese Lücke wieder zuzulaufen, sodass Norwegen über Silber jubeln konnte, Tschechien gewann Bronze.
Staffeln bei den Herren sind in der Regel eine noch engere Sache. Auf der Startstrecke blieben bis ins Bergbaugebiet zwischen Posten 3 und 7 alle dicht beisammen. Das unübersichtliche Gabelungssystem wälzte die Reihenfolge einmal kräftig durch. Es führte anschließend das zweite französische Team mit Mathias Lataste. Sein Vorsprung betrug zwischenzeitlich mehr als eine halbe Minute vor der ersten Verfolgertram mit Tschechien, Schweden und Neuseeland. Ein Zeitverlust im Grabensystem zu Posten 12 warf den Franzosen doch noch einmal zurück, sodass Schweden mit Edvin Nilsson und Tschechien mit Daniel Bolehovsky die Führung übernahmen. Lataste wechselte auf Position drei. Die Schweiz, neben Tschechien wohl zweiter Topfavorit, lag mit David Baumberger schon 2:30 Minuten zurück.
Strecke zwei forderte von allen Staffeln ordentlich Tribut. Das schon vielfach erwähnte Bergbaugebiet einerseits, das Grabensystem zwischen Posten 10 und 12 andererseits. Axel Bratt für Schweden kam aus alledem am schadlosesten heraus, dicht gefolgt vom Tschechen Jiri Donda. Im Ziel der Schock: Ein Gabelposten im Bergbaugebiet fehlte Donda, das tschechische Team fiel aus der Wertung. Hinter dem nun allein führenden Schweden machte sich Loic Berger (SUI) an die Aufholjagd. Sein Tempo war höher als das der Konkurrenz, dafür passierten ihm immer wieder kleinere Fehler. Er konnte den Abstand verkürzen, doch für Schlussläufer Matthieu Bührer blieben noch fast zwei Minuten Rückstand. Außerdem musste der zunächst Platz drei sichern, die Konkurrenz lag nur dreißig Sekunden zurück. Und auf Platz zwei hielt sich weiterhin das überraschend starke zweite französische Team mit Baptiste Delorme.
Mit den aus der Wertung gefallenen Tschechen spitzte sich das Rennen zu einem Dreikampf um die Medaillen zu. Zunächst sah es nach einer klaren Sache für die Schweden aus. Während Matthieu Bührer den französischen Schlussläufer Bastien Thenoz schnell auf- und überlaufen konnte, lag Svante Selin (SWE) gemeinsam mit Jan Strycek (CZE) komfortabel in Front – beide wussten bis zum Zieleinlauf nichts vom Fehlstempel der Tschechen. Im Bereich von Posten 10 bis 12 hatte Bührer dann aber die schnellere Gabelungsvariante und führte diese auch äußerst sicher und souverän aus. Plötzlich waren 90 Sekunden Rückstand egalisiert und er hatte zu den beiden Führenden aufgeschlossen. Auf der kurzen Schlussrunde entschied die Physis, und Bührer das Rennen für sich. Großer Jubel bei den Schweizern, doch als Jan Strycek nur wenige Sekunden später einlief, blieb das Publikum still. Er wird es in dem Moment wohl schon geahnt haben, was passiert war. So ging Silber an das Team aus Schweden, Frankreich lief Bronze ein.
Das war also die JWOC 2024. Das deutsche Team reist mit einem ordentlichen 12. Platz in der Nationenwertung nach Hause. Ausnahmeläufe wie jener von Anselm Reichenbach im letzten Jahr waren schon im Vorhinein äußerst unwahrscheinlich gewesen, es muss niemand enttäuscht sein, dass kein absolutes Topergebnis heraussprang. Neben einer geschlossenen, soliden Teamperformance bleiben einige richtig starke Läufe: Platz 18 von Florian Nagel über die Langdistanz, Platz 22 von Emma Caspari (Lang) und Julia Fritz (Mittel), dazu die Damenstaffel (Jule Roßner, Marlene Fritz, Anne Kästner) auf Platz 10. Es wurden viele Fehler gemacht? Richtig. Natürlich hofft jede*r auf den perfekten Lauf zum Saisonhöhepunkt. Viel Druck kommt dazu, und seien wir ehrlich, auch bei den deutschen Wettkämpfen passieren den jungen Athlet*innen immer wieder Fehler. Es ist also nur natürlich, dass diese Fehler auch bei der JWOC passieren werden. Letztlich geht es darum, Erfahrung zu sammeln, zu lernen und Lust auf Leistungssport zu bekommen. Das hat wohl das gesamte Team geschafft.
![Anton Knoll Anton Knoll](/assets/news-images/AntonKnoll_PetrHap.jpg)
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![Wechsel Wechsel](/assets/news-images/JuleAufMarlene_PetrHap.jpg)
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![Anne Kästner Anne Kästner](/assets/news-images/AnneKaestner_EszterKocsik.jpg)
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![Teo Struck Teo Struck](/assets/news-images/TeoStruck_MikesKiss.jpg)
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