08. Juli 2021
WM 2021 – Männerstaffel auf Platz 8!!! Frauen auf 12!
Bei den letzten Nokian Tyres Weltmeisterschaften 2019 in Norwegen erkämpften Felix, Ole und Bojan bereits einen sehr guten 10. Platz. Heute eroberten sie Platz ACHT im Sandsteinfelseneldorado bei Heřmánky, mit nur 26 Sekunden auf den Podestplatz!
Unser Team ist vorn dabei
Unsere Frauen Paula, Patricia und Susen liefen auf einen guten 12. Platz und erreichen damit das gleiche starke Ergebnis der letzten WM-Staffel. Beide Staffeln erfreuten heute also ihre Trainer und alle anderen deutschen Fans mit einer tollen, spannenden, selbstbewussten Vorstellung. Und nicht nur das – nach ersten Berechnungen sollte damit sogar ein deutsches Team für die World Games 2022 in den USA qualifiziert sein. Nur die Orientierungslauf-Top-Nationen der Kontinente erhalten dort ein Startrecht. Und in Europa ist das bekanntermaßen am schwersten. Das Multisport-Event World Games ist, vereinfacht gesprochen, die Olympiade für die "nichtolympischen" Sportarten und gewinnt bei der Finanzierung der deutschen Sportverbände zunehmend an Bedeutung.
Sieger
Bevor wir uns hauptsächlich auf Details unserer beiden deutschen Staffeln konzentrieren, wollen wir die Sieger würdigen. Die Medaillen erobern die OL-Nationen Schweden, Norwegen und die Schweiz. Dabei wiederholen die Schweden ihre Goldrennen der letzten WM sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern. Um das dramatische Rennen um die Medaillen und Podestplätze nachzuvollziehen, empfiehlt es sich, die GPS-Trackings und die Fernsehaufzeichnung zu konsultieren. Und, nur um die Leistungen unseres Teams ins rechte Licht zu rücken, Felix übergab als Startläufer vor dem norwegischen Superläufer Fosser auf Ole. Fosser lief dann von Position Neun auf Eins. Ole hielt die achte Position.
Unsere Damen
Paula startete mit einer sichtbar positiven Einstellung. Sie lachte selbstbewusst in die Fernsehkameras. Bis zur Arenapassage lief sie ein sehr kontrolliertes Rennen. Vielleicht waren nicht alle Routen optimal, aber die Konkurrentinnen bewegten sich immer in der Nähe, wie zum Beispiel die starke Italienerin Scalet. Auf der kurzen Schlussschleife ließen die Kräfte nach: "Nach der Sichtstrecke, zum 12. Posten hatte ich einen kurzen Black-Out, stand wieder am 10. Posten der Startrunde. Ich musste also auf der Rückseite der Karte nachschauen." Paula rannte ein großes Tal viel zu weit hoch und kam 100 Meter neben ihrem Posten heraus. Sie konnte den ganz großen Fehler vermeiden und wechselte noch an Position 15 auf Patricia.
Patricia musste allein ins Rennen starten und wählte zum ersten Posten nicht die schnellere Außenherum-Route. Das machte sie bei den folgenden Posten anders und hielt so Sichtkontakt zur Ungarin Csilla Gardonyi. Zu Posten 7 führte Patricia vor der Ungarin. Leider unterlief ihr da ein Parallelfehler. Sie landete allein am falschen Gabelposten. Gardonyi lief den 7. Posten in Patricias Rücken sicher an – eine Minute war für Unsere verloren – für Amateure Peanuts, im Leistungssport bedeutend. Patricia: "Generell kam ich aber gut durch, lief ein solides Rennen und konnte den Platz 15 halten."
Susen: "Mein Lauf war nicht so flüssig. Immer wieder suchte ich die Routen und verglich das Gelände mit der Karte. Ich suchte vor allem Routen mit den wenigsten Höhenmetern, auch wenn sie technisch anspruchsvoller waren." Aber während der Regen beginnt, macht Susen gleich zu Beginn des Rennens drei Plätze gut und läuft souverän. Zu Posten 10 überholt sie die Ungarin Sarkozy mit einer eigentlich verrückten Außenherum-Variante: "Da war’s so grün, da bin ich außenherum." In der Arenapassage hört Susen, dass die Estin Haug eine Minute vor ihr liegt – eigentlich viel Vorsprung für die kurze Schlussrunde mit drei Posten. Susen setzt zur Aufholjagd an, strauchelt kurz im Dickicht, zeigt eine hektische Unsicherheit an Posten 12, kämpft sich wieder heran. Den Endposten stempeln beide gleichzeitig. Die Estin läuft wenige Meter vor Susen, stürzt aber in der letzten nassen Kurve. Susen vermeidet mit einem kühnen Sprung den Zusammenstoß und erreicht mit zwei Sekunden Vorsprung das gesetzte Leistungsziel – Platz 12.
Unsere Herren
Felix' Massenstart beginnt im Starkregen, der weite Teile des Herrenrennens begleiten wird. Interessanterweise spielt sich der eben geschilderte, dramatische Zieleinlauf Susens direkt neben Felix, ihrem Partner ab, eine halbe Minute vor seinem Start. Beginnt Felix deshalb so putzmunter seine Startstrecke und läuft gleich in der Spitzengruppe mit? Er läuft aber sein Rennen, plant eigene Routen, liest sauber die lebenswichtige Postenbeschreibung im Voraus. Vorn laufen bald Ukraine, Finnland, Schweiz und Frankreich. Felix verfolgt die Führenden engagiert zusammen mit dem Norweger Steiwer, dem Schweden Ridefelt und dem Tschechen Kubat. Das Rennen läuft nahezu perfekt für die deutsche Staffel und Felix kann mit nur knapp zwei Minuten an der Position acht auf Ole wechseln. Eine Schrecksekunde gab es für Felix aber doch: "Die ganze Zeit lese ich die Postenbeschreibung und die Codenummern im Voraus. Ausgerechnet am Sichtposten der Arenapassage stemple ich und denke: Mist, falscher Posten – aber da sind so viele Kameras, so viele Zuschauer – war's doch der Richtige? Hoffentlich!". Jetzt probiert Felix die Tram vor ihm mit vollem Tempo bergab wieder einzuholen und stürzt prompt auch in der nassen Kurve der Arenapassage. Felix im Ziel: "Ich hätte den Auslesetypen beinahe umarmt – auch der Sichtposten war also richtig."
Ole lässt sich nicht durch das illustre Umfeld durcheinanderbringen. Er startet ja ein paar Sekunden hinter dem Tschechen Nykodym und vor dem Norweger Fosser, der aber in einer noch anderen Liga läuft, nämlich am Ende von Platz neun auf eins. Fosser führt schnell zum ersten Posten, Ole bleibt dran und ist cool genug, seinen richtigen Gabelposten perfekt anzulaufen. Das gelingt auch weiterhin – sehr kontrolliert. In der Arenapassage hört Ole, dass er weiterhin auf Platz acht läuft. Diese Superplatzierung und der Österreicher Gernot Ymsen direkt hinter ihm treiben Ole an. Er liefert sich ein nervenaufreibendes Kopf-an-Kopf-Rennen mit Ymsen. Ole gewinnt das Duell und übergibt für Deutschland mit vier Sekunden Vorsprung auf Österreich an Bojan. Ole: "Zum Ende konnte ich durch die Dunkelheit kaum noch die Karte lesen. Aber es war ein solides Rennen. Ich bin auf jeden Fall zufrieden."
Bojan: "Ich war megaerfreut in dieser Position loslaufen zu dürfen, fast wie vor zwei Jahren. Geschockt war ich auf den ersten Metern, wie schlecht die Karte in der verregneten Dunkelheit zu lesen war – und wie hell der Österreicher mit der Lampe war." Aber Bojan startet gut ins Rennen. Mit der "norwegischen" Querroute Bojans gewährt er zwar dem Österreicher Peter am ersten Posten den Vortritt, aber Bojan ist selbstbewusst genug, sein eigenes Rennen zu laufen und liefert sich mit dem Österreicher ein spannendes Fernduell für die Zuschauer, denn oft nehmen sie verschiedene Routen. Auch der Franzose Tranchand beteiligt sich an diesem Positionskampf. Bojan: "Ich hatte echt einen guten Flow, war immer von meinen Routen überzeugt."
Am Posten 10 lässt Bojan die Deutschen trotzdem aufstöhnen. Er läuft einfach durch das Felsental durch, knapp am Posten vorbei: "Ich dachte, ich wäre ein Tal weiter davor." Bojan verliert rund eine Minute, der Franzose und der Österreicher passieren. Doch Bojan kämpft sich wieder heran. Zu Posten 14 gehen Österreich und Frankreich außen herum. Unser Wahlnorweger Bojan nimmt wieder eine direktere Route, die viele Teams nicht sahen, und liegt wieder vor den beiden.
In der Arenapassage zieht der Franzose das Tempo an und zieht davon. Mit dem kopflampenbewehrten Österreicher liefert sich Bojan ein hartes Duell und behält wunderbarerweise trotzdem einen kühlen Kopf. Es gelingt: Bojan läuft mit drei Sekunden Vorsprung auf Österreich seine Staffel in dem Blitz- und Donnerrennen bei Dunkelheit und Sturzregen auf den achten Rang.
Und sonst
Das Thema Corona spielte heute auch bei der Orientierungslauf-WM eine Rolle. Zum Glück konnte ein positiv getesteter norwegischer Trainer und weitere Kontaktpersonen sofort isoliert werden, ohne Auswirkung auf die norwegischen Staffeln.
Felix und Ole begaben sich kurz in ärztliche Obhut. Felix brauchte Hilfe, um seinen Finger von einem eingerammten Holzspan befreien zu lassen und Ole schrammte sich wohl bei einem Sturz die Brust auf. Zum Glück ist der Sandstein im Regen nicht so rutschig wie Granitfelsplatten.
Nicht nur das Herrenrennen fand lange bei Gewitter und Dauerregen statt. Ein Gewittersturm über Prag legte sogar die Live-Fernsehübertragung per Satellit in mehreren Ländern kurzzeitig lahm. In der Arena lief fast aber alles wie geplant. Die Organisatoren hatten dort alles im Griff.
Die Staffelkarte umfasste weniger als einen Quadratkilometer. Die Bahnen waren aber sehr fair und anspruchsvoll gelegt. Einige Teams klagten allerdings über mangelnde Regenfestigkeit. Der Rest des beeindruckenden Sandsteingebietes, in dem auch Wölfe zu Hause sind, wird für die morgige Langdistanz verwendet.
Morgen, am 09.07.2021, folgt zum Abschluss der diesjährigen Weltmeisterschaften also die Königsdisziplin der Orientierungsläufer – die Läufe über die Langdistanz. Für Deutschland treten an: Birte Friedrichs (MTV Seesen), Susen Lösch (USV Jena), Bojan Blumenstein (OSC Kassel) und der erst 21-jährige Riccardo Casanova (OLG Regensburg).
Nokian Tyres World Orienteering Championships 2021
Staffel der Damen 3 x (4,1 km 15 Posten 285 m Anstieg)
1 Schweden (Risby, Hagstrom, Alexandersson) 105:45
2 Schweiz (Roos, Hauswirth, Aebersold) 108:18
3 Norwegen (Olaussen, Steiwer, Benjaminsen) 112:46
12 Deutschland (Starke, Nieke, Lösch) 124:09
Staffel der Herren 3 x (5,0 km 19 Posten 360 m Anstieg)
1 Schweden (Ridefelt, Lind, Bergman) 113:06
2 Norwegen (Steiwer, Fosser, Kinneberg) 113:57
3 Schweiz (Hubmann M., Howald, Kyburz M.) 115:06
8 Deutschland (Späth, Hennseler, Blumenstein) 122:22
Mehr:
Verfolgen (Zwischenzeiten, Karten, Routen, Video)
Ausrichterseite
WorldOfO
World Games 2022