12. November 2011
Susen Lösch im Interview
Hallo Susen, auf deinem Blog habe ich deine OL-Reiseroute in diesem Jahr nachverfolgt. Gibt es etwas, woran du heute noch gerne zurückdenkst? Danke, dass du meine Artikel liest. Wie dort erwähnt war der JLVK auf jeden Fall das verrückteste Ereignis. Auch der 24h-OL war wieder phänomenal. OL ist auch aus der Seite eines Helfers wunderbar. Wie viele Wochenenden warst du in dieser Saison eigentlich zu Hause? Ungefähr die Hälfte, wobei ich dann öfters bei Volksläufen in Jena oder kleinen Thüringer Läufen startete. Du bist in diesem Jahr das erste Mal beim Weltcup gestartet. Wie war der Start in Liberec? Erfahrungsreich und am tollsten war es die Top-OLer der Welt mal in echt zu erleben und zu sehen, dass die auch Fehler machen. Hast du dir dort Ziele gesteckt und diese erreicht? Das Ziel war Erfahrung sammeln und einfach mal zu schauen wie es so ist bei den „Großen“ zu laufen. Das habe ich auf jeden Fall erreicht und mit meinem 42. Platz auf die Mitteldistanz bin ich mehr als zufrieden. Hat es dir Spaß gemacht? Natürlich! Was sonst? Dass ich am Ende im Zittauer Krankenhaus gelandet bin, war zwar etwas suboptimal, aber dafür habe ich jetzt am linken Arm eine ewige Erinnerung an meinen ersten Weltcup, auf den noch viele weitere folgen werden. International bist du in diesem Jahr auch die Jugend-EM und den Junioren-Europacup gelaufen. Was ist dein Fazit nach beiden Wettkämpfen? Beides waren echt tolle Wettkämpfe. Vor allen Dingen mit dem 8. Platz beim Sprint der JEM bin ich sehr zufrieden. Die JEM-Staffel bei den H18ern war einfach nur ein genialer Abschluss meiner leider letzten JEM. Auch das deutsche Team war spitzenmäßig und es hat Spaß gemacht live dabei zu sein, als sieben deutsche JEM-Neulinge an den Start gegangen sind und man selbst zum letzten Mal dabei war. Mit dem JEC bin ich nicht so zufrieden. Besonders der Sprint lief mehr schlecht als recht. Steile Hügel hoch rennen ist im Sprint echt nicht meine Stärke, wie schon die DM Sprint gezeigt hat.
Gerade als Kader wird man ja immer an Erfolgen gemessen. Was sind aus deiner Sicht deine größten Erfolge in diesem Jahr? Oh, da fragst du mich was… Am stolzesten bin ich auf den Sieg der H18-Staffel beim JLVK mit Resi Rathmann und Friedrich Arnold. Im Team zu gewinnen hat immer so einen besonderen Kick, der es noch viel fantastischer macht. Die größten Erfolge sind vielleicht der Tagessieg bei der 2. Etappe des O-Ringen und der 5. Platz bei der U10Mila mit Kangasala SK. Da du gerade zwei schwedische Wettkämpfe erwähnst: Hast du auch weitere Ambitionen in Richtung Skandinavien? Ich habe vor nach dem Abi ein Jahr als Au-pair in Schweden zu arbeiten und dort auch viel zu trainieren und zu lernen. Die Bewerbung läuft gerade. Zu Siegen gehören auch immer Niederlagen dazu. Was waren deine größten Niederlagen beim OL im Jahr 2011? Die größte Niederlage war wahrscheinlich der zweite Platz bei der DM Sprint in Coburg, wo ich mich Leonore Winkler - meiner Trainingspartnerin - geschlagen geben musste. Sehr geärgert hat mich auch mein grober Fehler bei der JEM-Langdistanz, da sonst ein Diplomplatz erreichbar gewesen wäre. Wenn man im Nationalteam läuft, muss man sich sehr intensiv mit dem Orientierungslauf beschäftigen. Was ist dein Antrieb beim Orientierungslauf? Ich habe immer Spaß dabei und setze mir immer neue Ziele. Gibt es für dich einen speziellen Reiz an dieser Sportart? Am meisten mag ich am OL allein und ungestört durch den Wald zu rennen und nur meinen Atem und meine Schritte im Unterholz zu hören. Außerdem finde ich meine OLer-Freunde einfach klasse und würde sie schrecklich vermissen, wenn ich mit OL aufhören müsste, was hoffentlich nie passiert! Hast du das Gefühl der Orientierungslauf hat dich auch als Mensch weiter gebracht? Zweifellos. Ich glaube ich bin durch den OL naturverbundener geworden, habe gelernt was es bedeutet für seine Ziele zu kämpfen und wie stark man durch Erfolge, aber auch Niederlagen werden kann. Oft ist das Ende der Schulzeit ein Knackpunkt für viele Oler. Wie sieht es bei dir nach dem Abschluss der Schule aus? Hast du Pläne den OL weiter als Leistungssport zu betreiben? Auf jeden Fall! Mir würde ohne OL einfach etwas sehr wichtiges im Leben fehlen. Wenn ich mal einen Blick in die Zukunft wagen dürfte: wo siehst du dich in 5 Jahren beim Orientierungslauf? Dann bin ich 23, also werde ich wahrscheinlich studieren. Die beste Zeit also um viel zu trainieren! Ich werde wohl meine erste WM gelaufen sein und im nationalen Bereich hoffentlich immer noch vorne mitlaufen.
Und was sind deine Ziele für das nächste Jahr? Nächstes Jahr möchte ich auf jeden Fall bei der JWM in der Slowakei starten. Platzierungsmäßig lasse ich mich da mal überraschen. In Deutschland ist das Ziel immer unter die Top 3 in der D20 zu laufen. Oft hört man im Leistungssport im OL, gerade in Deutschland, dass vieles an der finanziellen Unterstützung scheitert. Wenn man genauer nachfragt, stellt man aber oft den Zusammenhang zu anderen Sachen fest. Was wäre, wenn du dir deinen Alltag vollkommen frei, ohne irgendwelche finanziellen Schranken einteilen könntest? Also Dauerferien? Wahrscheinlich viel Training, aber ich glaube ich brauche immer ein wenig Stress, um geistig fit zu bleiben und so auch im OL erfolgreich zu sein. Würdest du auch ähnlich wie andere Profi-OLer halbtags arbeiten oder ganztags trainieren? Es wäre mein ganz großer Traum „nur noch“ zu trainieren, aber da man nie weiß was die Zukunft bringt, lege ich mich da jetzt noch nicht fest. Wer waren bzw. sind deine größten Unterstützer finanziell und auch im Leben? Ohne Frage meine Eltern und mein Bruder. Als zusätzlichen finanziellen Unterstützer konnte ich in diesem Jahr den Augenoptiker Stegmann aus Jena gewinnen. Orientierungsläufer sind meistens sehr viel unterwegs und sehr offen für neue Eindrücke. Macht es dir Spaß mit dem OL die Welt zu bereisen? Es ist wundervoll. Durch den OL habe ich jetzt schon insgesamt 17 Länder bereist. Meist sieht man zwar nur das Quartier und die Wälder, aber die sind mindestens genauso interessant wie Städte und Sehenswürdigkeiten. Außerdem lernt man viele OLer aus anderen Ländern kennen und merkt, dass sie genauso verrückt sind wie wir deutschen OLer. Hast du schon mal bei den anderen Orientierungssportarten mitgemacht? Dieses Jahr bin ich bei der DM Ski in Altenberg gestartet. Ski-OL macht sehr viel Spaß, aber ich glaube ich bin einfach zu ungeschickt mit den Skiern. MTBO und TrailO habe ich noch nicht ausprobiert, aber das kommt bestimmt auch noch. Oft orientiert man sich an Vorbildern oder schaut sich zumindest Eigenschaften von anderen Personen ab, die einen beeindrucken. Hast du Vorbilder im OL? Ich denke Simone Niggli-Luder ist für die meisten OLerinnen ein Vorbild. Diese Frau ist, was OL angeht einfach unglaublich. Im speziellen ist mein Bruder mein Vorbild. Er verliert sein Ziel nie aus den Augen und tut alles um dieses auch zu erreichen. Außerdem kann man mit ihm stundenlang Trainings und Wettkämpfe auswerten und so noch sehr viel lernen. Meine abschließende Frage wäre: Was würdest du dem Orientierungslauf wünschen? Das er immer so einzigartig und besonders bleibt wie er ist. Vielen Dank für das umfassende Interview und weiterhin viel Erfolg. Gern geschehen. Das Interview führte Daniel Härtelt.