12. Dezember 2020
Deutschlands „beste“ O-Sport-Karten und -Gelände #15

Ralph Körner ist aktuell der TK-Verantwortliche für Präzisionsorientieren (Trail-O) in Deutschland, aber auch selbst als Athlet international erfolgreicher Teil des Trail-O-Nationalteams. Vor rund 15 Jahren war er allerdings auch ein paar Jahre im OL-Nationalteam und ging für Deutschland bei der EOC und im OL-Weltcup an den Start. Mittlerweile ist er im OL deutlich breitensportlicher unterwegs und „sammelt“ besondere OL-Erlebnisse und -Länder.
Daneben war und ist er seit vielen Jahren auch in verschiedensten Funktionen aktiv, sei es als Vereinsvorsitzender des 2007 gegründeten OLV Landshut, als langjähriger stellvertretender Landesfachwart in Bayern, als Mitbegründer und Co-Organisator der Deutschen Park Tour, als Mitglied der Teams Wettkampfwesen und Öffentlichkeitsarbeit auf Bundesebene, als Repräsentant der Alpe Adria Orienteering Group und nicht zuletzt auch selbst als Kartenaufnehmer und -zeichner.
Welches kartierte Gelände (eine Karte) ist für dich am technisch anspruchsvollsten?
Ich bin ein Freund der Feinorientierung, nicht zuletzt deshalb bin ich wohl auch beim Trail-O gelandet. Daher sind für mich diffizile, fein strukturierte Gelände und Karten meine Favoriten. Davon fallen mir in Deutschland einige ein, wie z.B. die bereits im Rahmen dieser Serie vorgestellten Hellerberge bei Dresden oder die Sandsteinfelsen des Zittauer Gebirges und der Sächsischen Schweiz, aber auch der ehemalige Hochofen des Landschaftspark Duisburg-Nord, wo 2009 die DBK Nacht-OL ausgetragen wurden, und das einigen Läufern meines Alters vom JLVK 1992 bekannte Gelände „Schmausenbuck“ bei Nürnberg gehören dazu.
Für meinen Beitrag zu dieser Serie habe ich mich jedoch für die Gelände des Bayerischen Waldes, nahe meines Geburtsorts Deggendorf entschieden. Aus dieser Vielzahl von Karten, bekannt von diversen Mehrtageläufen („Panthersprung“ und andere), habe ich die Karte „Ebenanger“ des WSV Bernried von 2007 aus der Feder von Wolfgang Bauer gewählt.
Warum genau diese Karte?
Sie zeigt eines der typischen Bayerwaldgelände mit steilen Hanglagen, ruppigem Mittelgebirgswald und unzähligen Steinen und Felsen, die genaues Orientieren erfordern. Und ich verbinde damit ein persönliches Erfolgserlebnis, als ich bei der Auftaktetappe des 3-Tage-OLs 2007 in der Herrenelite ein damals 17-jähriges Schweizer OL-Talent namens Matthias Kyburz mit acht Minuten Vorsprung auf Rang zwei verweisen konnte. Das war einer der Wettkämpfe, wo man einfach in den Flow kommt und man gefühlt nicht die Posten findet, sondern die Posten einen selbst finden.
Welche Distanz/welches Training eignet sich auf dieser Karte am besten?
Das Geländerelief und die steilen, kraftraubenden Hänge schreien geradezu nach einer Langdistanz, mit langen Postenverbindungen und Routenwahlen entlang der Hanglagen und über den kartierten Bergrücken. Aber durch die zahlreichen Steine und Felsen haben Langdistanzen hier immer auch Charakteristika von Mitteldistanzen: Rhythmuswechsel, Stop & Go und Feinorientierung zu unterschätzen, wirft dich im Bayerischen Wald recht rasch aus dem Rennen um die vorderen Plätze.
Ein anderes, sehr gutes Kartenbeispiel hierfür wäre die größte Bayerwald-Karte, die es gibt, und die ich nicht unerwähnt lassen möchte: die 12 km² große Karte „St. Englmar“ der OLA TSV Deggendorf aus den Jahren 1992 bis 1999, aufgenommen vom tschechischen Kartenaufnehmerteam um Petr Uher. Sie vereinigt die für die DM Klassik (heute Langdistanz) und Kurz (heute Mitteldistanz) 1992 verwendeten Karten „Knogl“ und „Predigtstuhl“ und erweitert diese sogar noch - ein wahres Karten- und Gelände-Highlight!
In welchem deutschen, lange nicht kartierten bzw. unkartierten Gelände würdest du gerne einmal laufen und warum?
Wenn ich an meine zahlreichen Teilnahmen an der Swiss-O-Week in teils hochalpinem Gelände zurückdenke, dann fehlt mir so etwas bislang in Deutschland. Daher fällt mir hier auf Anhieb das Zugspitzplatt ein, direkt unterhalb des Gipfels von Deutschland höchstem Berg und am Fuße des Schneeferner-Gletschers. Mit einer Höhenlage zwischen 2300 und 2600 m wäre dieses ruppige, vom Gletscher geprägte Felsenterrain wohl nicht nur so ziemlich Deutschlands höchstes OL-Gelände, sondern für so manches OLer-Herz das Höchste der Gefühle. Aber ich befürchte, dieses OL-Gelände wird vorerst ein Traum bleiben.
Welchen geografischen Vorteil siehst du allgemein in OL-Deutschland?
Wie eigentlich fast alle meiner „Vorredner“ empfinde natürlich auch ich die schier unfassbare Geländevielfalt in Deutschland zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen, zwischen Aachen und Görlitz als ein ganz großes Plus. Und das, obwohl wir so viele davon noch gar nicht erschlossen haben, weil wir einfach leider nicht flächendeckend in allen Regionen Deutschlands präsent sind.
Orientierungssport lebt von der Vielfalt, und für diese bräuchten wir gar nicht mal ins benachbarte Ausland zu fahren. Wenn es uns aber doch mal in die Ferne zieht, dann kommt unser zweiter großer geografischer Vorteil, die zentrale Lage in Europa, zum Tragen. Je nach Wohnort ist man in kurzer Zeit in den schweizer Bergen, den dänischen Dünen, den tschechischen Sandsteinfelsen, dem slowenischen Karst oder den belgischen Militärgeländen. Auch überall dort können wir dann immer wieder erleben, wie schön doch unser Orientierungssport ist!



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