08. Oktober 2023
EOC Sprintstaffel: Platz 11!

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Im kleinen Weinstädtchen Soave wenige Kilometer östlich von Verona setzten sich die Europameisterschaften 2023 mit der Sprintstaffel fort. Mit einer hervorragenden Teamperformance erreichte das deutsche Team den 11. Platz. Der Sieg ging an eine überlegene Staffel aus Schweden.
Die Deutschen
In einer Staffel muss das gesamte Team funktionieren. Erwischt ein Teammitglied einen schlechten Tag, können die anderen drei häufig noch so gut laufen, rausreißen können sie es häufig nicht mehr. In der jüngeren Vergangenheit waren es oft die Damen, die läuferisch nicht mit der Konkurrenz mithalten konnten. Heute erwischten sowohl Paula Starke auf der Startstrecke als auch vorallem Patricia Nieke auf der Schlussstrecke einen Sahnetag. Juniorenweltmeister Anselm Reichenbach auf Position zwei und der in Sprintstaffeln gewohnt zuverlässige Colin Kolbe rundeten eine gute Teamleistung ab - die beste Sprintstaffelplatzierung im Weltcup bisher.
Nach ihrem Lauf sprach Paula Starke davon, dass es ein Glück war, dass die überlegensten Läuferinnen für Schweden und die Schweiz auf der Startposition liefen. Ihr Tempo war so groß, dass sie das Feld frühzeitig sprengten und die weiteren Läuferinnen nicht von ihrem Tempo profitieren konnten. Dadurch war das Tempo im verbliebenen Feld vielleicht sogar etwas langsamer, als wenn beide Nationen noch dabei gewesen wären und die Tempoarbeit an ihnen gelegen hätte. So konnte sie mitlaufen, mitunter sogar Engstellen aggressiv anlaufen, um nicht am Ende der Tram hier schon Meter zu verlieren. Ganz optimal war Paulas Lauf nicht, als sie an Posten sieben in das etwas komplexere Gebiet in Hanglage unterhalb des Schlosses lief, lief sie um einige Meter an einem Durchgang vorbei und wurde zwischenzeitlich ans Ende ihrer Gruppe durchgereicht. Die Verfolgergruppe um Nationen wie Norwegen und Finnland konnte sie natürlich nicht halten, sie wechselte als 14. Zwei Staffeln warfen sich schon auf Strecke eins aus dem Rennen, wodurch letztlich ein gutes Teamergebnis noch besser wurde: Estland fehlstempelte, Polen verlor durch eine übersehene Straßensperrung schon zu Posten 1 über eine Minute.
Auf Position zwei gab Anselm Reichenbach sein Staffeldebüt. Er bezeichnete sich später selbst als den Läufer im Team mit dem größten Verbesserungspotential, auch wenn er auf die Führenden nur 21 Sekunden verlor. Umgeben von einigen starken Läufern fühlte er sich physisch stark und konnte die ganze Zeit am Limit laufen. Posten eins allerdings lief er bereits unsauber an und auch später beim Kartenwechsel war er nicht gut vorbereitet, sodass ihm ein Routenwahlfehler passierte. Auf 40 Sekunden bezifferte er seine Fehlerzeit. Die 14. Position konnte er halten und Colin Kolbe in einer Gruppe liegend losschicken.
Auf die Spitze, die in Person von Kasper Fosser und Tuomas Heikkila unglaublich starke Zeiten lief, verlor Colin Kolbe zwar etwa 90 Sekunden, er konnte sich aber im immer weiter zerfleddernden Feld behaupten und sogar eine Position gutmachen. Litauen und die bis zu dem Zeitpunkt überraschend starken Iren ließ er hinter sich. Er musste nur den Italiener Riccardo Scalett vorbeiziehenlassen, der vor Heimpublikum eine gute Show bot. Auch wenn Colin physisch gegen Ende etwas einging und lieber noch einen besseren Lauf gezeigt hätte, er lieferte die Staffel auf einem aussichtsreichen 13. Platz ab, es lag an Schlussläuferin Patricia Nieke, es zu Ende zu bringen.
Schon beim Einlaufen fühlte Patricia Nieke sich frischer als noch in der Sprintquali am Mittwoch. Die positive Energie aus der Freude über Platz 13, auf dem Colin wiederkam, konnte sie anschließend auf die Strecke übertragen. Sie sah, wie die Italienerin Maddalena de Biasi beim Wechsel ihre Karte verlor, so sprintete sie die ersten Meter los und direkt an ihre Konkurrentin heran, wodurch diese acht Sekunden Rückstand aufgeholt waren. Auf der langen Strecke zu Posten eins war mit einigem Abstand vor beiden auch die Lettin Elza Kuze zu sehen, ein viel zu großer Abstand aber, um es zuzulaufen. Als durch eine kürzere Gabelungsvariante die Italienerin zur Lettin aufschloss, kam für einen Augenblick der Gedanke, dass beide jetzt gemeinsam weglaufen könnten. Weil Patricia im verwinkelten Weinberg aber besser zurechtkam als ihre direkten Konkurrentinnen und den Kartenwechsel gut vorbereitete, konnte sie die Lücke schließen. Als die Lettin Pech mit der folgenden, längeren Gabelungsvariante hatte und de Biasi kurz zum falschen Gabelungsposten abbog, fand sich Patricia aufeinmal in Führung ihrer Tram wieder. Sie nutzte die folgenden Verbindungen, um sich die (einfache) restliche Strecke einzuprägen und testete an, wie frisch die Italienerin noch war – Kuze, die sonst vorallem mit ihrer Physis punktet, hatte schon einige Meter Rückstand. Patricia legte sich eine Taktik zurecht: Maximaler Antritt am vorvorletzten Posten und dann extralanger Zielsprint. De Biasi war schon müde gelaufen, sie machte weder Anstalten vorher aufzudrehen, noch konnte sie den Antritt mitgehen.
Der Lohn war ein elfter Platz. Natürlich auch mit etwas Glück begünstigt durch Fehler der anderen. Das Team war aber als ganzes da, um diese Fehler auszunutzen.
International
An der Spitze des Rennens setzten sich schon auf der Startstrecke zwei Staffeln ab: Schweden mit Tove Alexandersson und die Schweiz mit Simona Aebersold. Häufig werden in Staffeln die stärksten LäuferInnen auf die Schlussstrecke gesetzt, seit einiger Zeit aber verfolgen diese beiden Nationen schon einen anderen Ansatz: Sie sind läuferisch den anderen Staffeln derart überlegen, dass diese nicht mitlaufen können und sich beide bereits absetzen können. Bei den Herren dagegen ist das läuferische Niveau an der Spitze sehr gleichwertig – hier können viele in der Tram mitlaufen und durchaus auch mit den Schweden und Schweizern mithalten. Einen Rückstand zuzulaufen ist auf diesem Niveau dagegen äußerst schwer.
Alexandersson konnte sich sogar von Aebersold lösen, doch zu langes Zögern im schwierigeren Bereich um den Kartenwechsel sorgte dafür, dass die Schweizerin den zehnsekündigen Rückstand wieder zulaufen konnte. Die Schlussrunde schließlich war sehr laufbetont. Hier drehte die Schwedin erneut auf und konnte bis ins Ziel fünfzehn (!) Sekunden Vorsprung herauslaufen. Auf Platz 3 wechselte, weitere dreißig Sekunden zurück, etwas überraschend die starke, ungarische Juniorin Viktoria Mag. Die Favoriten um Platz drei wie Finnland, Norwegen, Frankreich und Großbritannien hatten bereits 75 Sekunden Rückstand.
„It was a mess!“, sagte der zweite schwedische Läufer Jonatan Gustafsson sinngemäß über seinen Lauf. In großen Teilen absolute Spitzenklasse, zwischendurch passierten ihm aber trotzdem gröbere Ungenauigkeiten. Auch bedingt durch eine schlechte Routenwahl seines Schweizer Konkurrenten Joey Hadorn zum ersten Posten und die kürzere Gabelung im Anfangsteil konnte er den Vorsprung schnell auf 45 Sekunden ausbauen. Ein Zögern bei der Routenwahl zu Posten 8 inklusive falscher Route halbierte diesen Vorsprung aber schnell, auch die weiteren Verfolger rückten zwanzig Sekunden näher heran. Ein weiterer Fehler des Schweden brachte Hadorn auf Sichtweite an Gustafsson heran: Auf dem Weg in Richtung Arena lief der diesjährige schwedische Sprintmeister an einer Gasse vorbei, durchquerte statt abzubiegen die Stadtmauer durch ein Tor in Richtung Quarantäne. Er bemerkte es schnell, verlor aber trotzdem über zehn Sekunden. Hadorn kam auf der Schlussrunde sogar noch ein Stück näher, sechs Sekunden betrug der Abstand im Ziel noch. Im Kampf um Platz drei setzten sich Finnland und Norwegen von den weiteren Verfolgern ab, sie lagen noch eine Minute zurück. Bestzeit auf der zweiten Strecke lief der Österreicher Jannis Bonek weiter hinten im Feld. Er konnte insgesamt neun Plätze gutmachen und das Team aus dem Dunstkreis der Deutschen weiter nach vorn führen. Er legte die letztlich entscheidenden 30 Sekunden zwischen beide Teams.
Matthias Kyburz ging für die Schweiz also knapp hinter seinem schwedischen Konkurrenten Martin Regborn ins Rennen. Eine Position also, die prädestiniert dafür schien, dass er seine aktuelle Ausnahmestellung ein weiteres Mal unter Beweis stellen könnte. Gleich zum ersten Posten aber nahm er – wie Landsmann Hadorn zuvor – die falsche Route. Schnell wuchs der Rückstand auf 30 Sekunden an. Und während Regborn vorne einsam seine Kreise zog, rückten von hinten Kasper Fosser und Tuomas Heikkila mit einer Superperformance heran. Noch vor dem Kartenwechsel holten sie Kyburz ein. Nach vorn war es zu weit, im Kampf um Platz 2 kamen die drei Staffeln gemeinsam 30 Sekunden hinter dem Schweden ins Ziel.
Die schwedische Schlussläuferin Sara Hagström hatte also ein solides Polster, das sie verwalten musste. Schnell, sicher, grobe Fehler vermeiden – die Anforderungen erfüllte sie und lief auch gegen die Verfolgertram zur Streckenbestzeit. Hinter ihr liefen Elena Roos (SUI), Venla Harju (FIN) und Victoria Haestad Bjornstad (NOR) um den zweiten Platz. Die Schweizerin konnte ihre Schnelligkeit ausspielen und zog mit der Zeit ein Stück davon, doch in dem Mauergewirr des Schlosshangs um den Kartenwechsel zögerte sie einige Sekunden zu lang, die anderen konnten wieder aufschließen. Am Ende wurde es zu einem Ausscheidungsrennen der drei Damen. Zuerst musste die Norwegerin abreißen lassen, dann hatte Elena Roos den längsten Atem und sicherte ihrem Team vor Finnland die Silbermedaille.
Ergebnis
1. SWE (T. Alexandersson, J. Gustafsson, M. Regborn, S. Hagström) 62:35 Minuten
2. SUI (S. Aebersold, J. Hadorn, M. Kyburz, E. Roos) +0:36
3. FIN (I. Nurminen, T. Oksanen, T. Heikkila, V. Harju) +0:53
11. GER (P. Starke, A. Reichenbach, C. Kolbe, P. Nieke) +5:08

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Offizielles Ergebnis