15. März 2022
Elitetipp im März: Automatisch erzeugte OL-Karten
In immer mehr Bundesländern werden die Vermessungsdaten kostenlos abgegeben und damit ergeben sich für Orientierungsläufer ganz neue Möglichkeiten, um mit unserer Sportart in neue Gelände vorzudringen.
Welche Daten liegen zugrunde?
Hauptsächlich werden 3 Datenpools genutzt:
Open-Streetmap-Daten, die Bebauung, Straßen und Wege, Gewässer und ganz grob die Vegetation wiedergeben (Siedlung, offenes Gelände, Wasser, Wald), im Normalfall auch Bäume und Sitzbänke. Diese Daten wurden aus frei zugänglichen Datenpools von Ehrenamtlichen zu Karten zusammengestellt.
LIDAR-Daten, für Geländedetail (DGM) und für Vegetation (DOM) oder beides kombiniert. Vereinfacht gesagt werden sie erzeugt, indem ein Flugzeug Laserstrahlen aussendet und misst, wann die Reflexion des Strahls wieder zurückkommt. Das erste „Echo“, das zum Flugzeug zurückkommt ist am kürzesten unterwegs gewesen und stellt daher Äste dar, also Vegetation, das letzte Signal ist der Boden. Signale dazwischen stellen weitere Vegetation dar, so dass man auch Infos über die Vegetationsdichte zwischen erstem und letztem Strahl hat.
Wie werden daraus automatisch erzeugte OL-Karten?
Die gängigen Kartenzeichenprogramme, vor allem OCAD können diese Daten auch für den Laien einfach auswerten.
Zunächst wird die für OL wichtige Information aus der Open-Streetmap-Karte importiert und automatisch in die entsprechenden OL-Symbole umgewandelt. Dadurch ist auch gleich das Koordinatensystem so, dass man es z.B. für MapRun verwenden kann.
Lidar-Daten liegen als Millionen von Punkten (xyz-Koordinate) in diesem Koordinatensystem vor. Das Kartenzeichenprogramm errechnet danach sogenannte „Schummerungen“ und erzeugt Höhenlinien in beliebigem Abstand. Felswände, Senken und einzeln stehenden Bäume können ebenfalls erkannt werden, Gebäude dagegen nicht, da sie vorher aus den Originaldaten rausgerechnet wurden.
Was sind halbautomatische Karten?
Diese automatisch erzeugten Karten sehen schön aus, sind im Detail aber nicht besonders aussagekräftig. Indem man aber das Luftbild (googleMaps oder Orthophotos) für weitere Informationen dazunimmt (Bestandsgrenzen, Einzelbäume), die automatisch erzeugten Wege auf die korrekte Lage anpasst (Luftbild und Schummerung) und fehlende Geländedetails ergänzt (Böschungen, Plateaus, kleine Senken, Kuppen) kann etwas richtig Gutes draus werden! Und die Arbeit, die das kostet, ist weit von der Arbeit entfernt, die die klassische OL-Karte macht. Ich blende meist zusätzlich die 1m-Höhenlinien ganz leicht in grau ein, so dass Gräben und Mulden sehr plastisch erkennbar werden.
Was ist anders als bei klassischen OL-Karten
- Alles ist zu 100% lagerichtig und auch höhenrichtig.
- Zäune sind nicht dargestellt, es sei denn, sie waren in OSM vorhanden.
- Für Wege und Pfade gibt es nur zwei verschiedene Symbole, obwohl der OLer bis zu 10 Unterscheidungen kennt.
- Hinterhöfe, Parkplätze, Straßen… Sprintkarten sind erstmal nicht gut zu gebrauchen, müssen im Detail umgezeichnet werden.
- Die Belaufbarkeit aus der erzeugten Schummerung ist keine Belaufbarkeit, sondern stellt dar, wie dicht der Bewuchs ist- ein wichtiger Unterschied.
- Der Stand der "Belaufbarkeit" ist immer der Tag der Befliegung. Neue Kahlschläge können von Hand mit den OL-Symbolen eingezeichnet werden.
Für was kann man diese Karten nutzen?
Wettkämpfe kann man auf solchen Karten im Normalfall nicht machen- für das Training in neuem Gelände sind sie aber gut geeignet. Auch Gelände, für die es nie eine Gelegenheit für einen Wettkampf gäbe werden so für das Training nutzbar. Grundsätzlich gilt nämlich fast überall in Deutschland ein allgemeines Betretungsrecht von Waldflächen und offenen Gebieten, so dass nichts dagegen steht, einfach mal dort zu laufen.
Die Karten sind im Detail anders zu interpretieren als die klassischen OL-Karten, bei denen der Fokus auf Belaufbarkeit und Lesbarkeit liegt. Wenn man sich in die halbautomatischen Karten reinliest, kann man damit aber gut trainieren.
Und man sollte ohnehin immer daran denken: die IOF-Kartendarstellung ist nur eine von vielen Darstellungen der Wirklichkeit! Es schadet nichts, auch über andere Interpretationen nachzudenken und sie mal am eigenen Leib zu erfahren.
Empfohlene Trainingsformen
- Große Routenwahlen auf unterschiedlichen Weg- und Pfadrouten trainieren
- Höhenlinien-OL
- Querläufe
- Feine Kompass-OLs
- Grobe Kompass-Korridor-OLs
- Sprint-OLs (je größer der Maßstab desto weniger brauchbare Informationen sind aber enthalten)
- In gleichmäßig bewachsenem Gelände ist prinzipiell alles möglich- weder im Dickicht noch im Offenen kommt es auf die Belaufbarkeit an.
- Im Winter sit mehr möglich als im Sommer
- OLs auf großen freien Flächen
- Wenn man das Gelände von Waldspaziergängen kennt, kann man wunderbare Bahnen durch offene Waldteile legen und die Bereiche aussparen, wo es auf Belaufbarkeit ankommt. Oder wo Belaufbarkeit nervt, also in Dornengebieten
- OLs für Wanderer, Schülerinnen und Schüler,… es genügt die Karte dort zu bearbeiten, wo es wirklich wichtig ist.
- OLs in Landschulheimen, auf Geburtstagsfeiern, im Urlaub... überall wo es schön ist und man aus einem schönen OL Motivation schöpfen kann.
ein Land als OL-Karte:
Norwegen: https://mapant.no/
Finnland: http://www.mapant.fi/
Spanien: https://mapant.es/
Schweiz: https://mapant.ch/
Neuseeland (teilweise): http://omap.nz
kostenloses Tool zur Erzeugung von OL-Karten aus freien Daten - Kartapullautin-
https://github.com/jgaffuri/OriMap/tree/master/docs/howtoactlidar
Autor: Ingo Horst, Kartenaufnehmer von inzwischen rund 150 OL-Karten
Der Elitetipp erscheint monatlich auf o-sport.de. In ihm werden verschiedene Leute über spezielle Themen im OL berichten, mit denen sie sich auskennen. Der Elitetipp soll dazu anregen, selbst darüber nachzudenken, was man alles besser machen könnte im OL.
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