04. Dezember 2019
Auszug Interview mit Konstantin Kunckel
Den Heimtrainern der Bundeskader wurde jüngst ein Forum zum Austausch und zur Zusammenarbeit eingerichtet. Außer Frage steht die Wichtigkeit, den OL-Nachwuchs zu unterstützen. Wichtig ist aber auch, ihm selbst Gehör zu verschaffen. Daher lest hier als Motivation und Dank Teile eines Interviews aus der jährlichen Vereinszeitung des USV TU Dresden mit Jugend-Europameister im Sprint-Orientierungslauf, Konstantin Kunckel, der den Förderpreis erhielt und wie einige andere Jung-OLer auch hochmotiviert ins Wintertraining startete.
[...] Was meinst du selbst, trug zu deinen bisherigen Erfolgen bei? [...] K: [...] Ich denke, ich war schon immer läuferisch ziemlich fit und schnell unterwegs und besaß somit schon mal eine gute Voraussetzung. [...], vorallem mein Ergeiz, der durch Spaß und coole Erfahrungen gewachsen ist, hat mich sehr vorangetrieben. Umfeldbezogen kann man nur sagen, dass ich ziemlich Glück habe in Dresden zu wohnen und somit mit eines der besten Trainings genießen kann, um sowohl die läuferische Komponente, als auch meine O-Techniken verbessern zu können. [...] Wie ging es dir in dem Moment, als du erfuhrst, Europameister geworden zu sein? K: [...] Es war so, dass ich eine relativ späte Startzeit hatte. Ich lief als letzter Deutscher und hatte sehr lange und eine entspannte Zeit mich vorzubereiten. Also lief ich dann meinen Sprint, wo ich sehr entspannt war, und kam ins Ziel. Ich hatte irgendwie kein Gefühl von irgendeiner Platzierung, genau wie bei der Langdistanz, wo ich dachte: 'Ja, so viele Fehler hast du jetzt nicht gemacht ... vielleicht Top20.' Ich war da sehr überrascht, als auf meinem Auslesezettel Platz 5 stand. Da habe ich sehr 'normal' reagiert. Ich war von meiner positiven Leistung überrascht, aber es war nicht ein so emotionaler Moment wie beim Sprint. Ich kam also ins Ziel, hatte keine Ahnung, was war, und der Kommentator meinte, es könne ein sehr gutes Ergebnis werden. Ich glaube, er hat Top5 oder Top3 gesagt. Da war ich super zufrieden, da ich mir eine Top6-Platzierung vorgenommen hatte. Als ich mich dann kurz erholt hatte, hat der Kommentator schon sehr die Spannung gesteigert und gemeint, es könnte eine neue Bestzeit sein. Ich hatte mehr Anspannung als am Start ... Als ich dann endlich (vor mir standen noch andere beim Auslesen) dran war und ausgelesen hatte, und da `ne 1 stand, war alles vergessen. […] Ich habe nicht mal gemerkt, wie mir mein Chip abgenommen wurde und der Kommentator irgendwas über Michael Schuhmacher geredet hat. Erst als ich das Video gesehen habe, habe ich das erfahren. Natürlich war das ganze Team richtig sprachlos. Ich denke, was ich gedacht habe, kann sich jeder ein wenig vorstellen, aber dies sind mit die schönsten und verrücktesten Erfahrungen [...] Danke für diese Einblicke in diese ersten und erinnerungswürdigen Momente nach deinen JEM-Einzelläufen, bei denen du jeweils eine späte Startzeit hattest und nicht lange warten musstet, bis deine Topplatzierungen feststanden. K: Ja. Ich fand dies bei der EYOC sehr angenehm – dass ich die späten Startzeiten bekommen habe. Manche möchten es lieber so schnell wie möglich hinter sich haben, da sie mit dem Druck nicht so gut umgehen können. Mir gefällt das sehr, dass ich dann als einer der Letzten in der Quarantäne bin und mehr meine Ruhe habe. Das man dann direkt das Rennen entscheiden kann, ist ein netter Nebeneffekt. ;)
[...] Du erbrachtest dieses Jahr auch starke Staffelläufe. Was ist da für dich besonders, wecken Staffeln einen stärkeren Ehrgeiz in dir – fürs Team gut sein zu wollen bis hin zum Gewinnen? K: Ich denke schon, dass der Ehrgeiz etwas größer ist, als bei einem Einzellauf. Ich finde an der Staffel ziemlich cool, dass man viel näher am Geschehen ist und mit seinem Lauf das Rennen lenken kann. […] Ich mache mir bewusst weniger Gedanken, was wäre, wenn ich jetzt einen Fehler mache oder Ähnliches. Ich laufe meinen Lauf und so bin ich am besten.... Vor dem und im Lauf auf den Lauf konzentrieren... – da bist du, denke ich, auch auf das gekommen, was auch ich als die beste 'Methode zum Erfolg' sehe: OL als eine Art ernstes Spiel zu betreiben. :-) [...] Wie schätzt du deinen EYOC-Gold-Erfolg nach reichlich 3 Monaten ein? Änderte sich da etwas in der Zwischenzeit? K: Ich denke jetzt, zurückblickend war diese eine Woche in Weißrussland eine der schönsten und erfahrungsreichsten Wochen im ganzen Jahr und da spielt natürlich auch der Sieg eine große Rolle. Ich denke, für mich hat sich nur noch einmal verstärkt, dass ich den richtigen Sport mache und Orientierungslauf mir einfach super viel Spaß macht. Ich habe in den 3 Monaten gemerkt, dass so ein Titel nicht nur mir selber viele Erfahrungen einbringt, sondern auch den gesamten OL in Deutschland vorantreibt. Ich habe gemerkt, wie viele Leute dies einfach erstaunt hat, dass ein Deutscher das geschafft hat. Auch wenn es schon andere geschafft haben. Es haben mir sehr viele Leute gratuliert und gerade in den jüngeren Altersklassen, denke ich, habe ich viel Motivation geschaffen. Ich kann nun nur hoffen, dass diese Motivation reicht, um eine*n neue*n Europameister*in für Deutschland hervorzubringen und ich so mit meinem Titel vielen Sportlern ein Vorbild sein kann. Passend dazu und in Anerkennung deiner Leistung hast du den Wanderpokal des Fördervereins OL mit einer Geldprämie erhalten. Was waren neben der JEM-Woche in Weißrussland andere Glanzlichter im OL-Jahr 2019 für dich? K: Neben der EYOC waren die beiden Sachsenkader-TLs zwei coole Trainingslager. Einmal Ostern in Tschechien mit wunderschönem, offenen Wald, teils mit Felsen. […] Ich hoffe, da wird es noch in Zukunft einige Male schöne Trainingslager geben. […] Nach dem Oster-TL war direkt der JJLVK, der wie jedes Jahr ein Highlight ist, wenn alle Bundesländer gegeneinander antreten. Es ist immer eine super Stimmung, da jeder den Ehrgeiz hat, für sein Bundesland das Beste zu gegen, aber die Leute trotzdem locker und nett sind. Ich denke, das Ereignis, was an die EYOC noch rankommen könnte, war das Sommer-TL in der Schweiz mit der Swiss O Week. Es war mein erstes Mal, dass ich bei der Swiss O Week war und dann direkt so erfolgreich. Jeden Tag, mit einem Ruhetag; eine Woche lang OL machen, ist einfach genial. […] Aber auch das Trainingslager davor hat viele Erfahrungen bewirkt. Es war das erste Mal, dass ich in der Schweiz OL gemacht habe und die offenen Hochplateaus haben es mir echt angetan. Das, was ich aber an den TLs generell immer cool finde, ist die Stimmung, das leckere Essen und die anderen Kader, mit denen man einfach Zeit verbringen und reden kann. [...]

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[...] Denken wir noch einmal speziell an (gelungene) OL: Was tust du kurz vorm Start in einen – dir wichtigen – Wettkampf? (Stichwort Startroutine) K: Ich denke, dass ich schon eine Art Startroutine vor egal welchem Wettkampf habe, die ich dann aber je nachdem, wie es mir geht und wie ich mich fühle, anpasse. Meine Routine beginnt schon bei der Anreise oder auf der Wettkampfwiese. Ich höre sehr viel Musik und brauche meine eigene Ruhe. Sicherlich unterhalte ich mich mal mit anderen, aber ich habe für mich selber gemerkt, dass Musik die Konzentration steigert und ich mich auf mich selber konzentrieren kann. Bei der EYOC habe ich mir dann beispielsweise verschiedene Situationen vorgestellt und gedanklich simuliert. Da es ja meist eine gewisse Strecke zum Start gibt, laufe ich locker bis dahin, um die Muskeln zu lockern. Ab da rede ich nur noch das Nötigste und höre auf meinen Körper, wie er sich anfühlt und wie ich in den Lauf gehen sollte. Ich mache auch wie viele [andere] Lauf-ABC und kurzes Andehnen. Allerdings mache ich dann immer kurz vor dem Start eher ruhig und locker nur noch mal meine Fußgelenke. Im Vorstart schaue ich, was die vor mir Startenden machen und bin dann bereit für meinen Lauf. Und wie verhälst du dich, wenn du einen O-Fehler begehst und gerade bemerkst? (Thema Fehlerminimierungsstrategien und 'cool bleiben') K: Wenn ich einen Fehler begehe, was am besten so selten wie möglich bis gar nicht vorkommt, kommt es sehr auf die Situation an. Ich denke, dieses 'cool bleiben' schaffe ich noch nicht ganz perfekt, da der Fehler das Selbstbewusstsein schwächt und man sich eher unsicher wird. Diese Unsicherheit ist bei mir aber immer nur, wenn ich einen Fehler beim Lauf gemacht habe. Am Start denke ich nie an die Fehler, die ich schon mal gemacht habe. Wenn ich einen Fehler gerade bemerke oder unsicher werde, dann bleibe ich auch kurz stehen, um mich wieder sicher einzulesen. Was ich noch nicht kann, ist, wenn man beginnt zu kreisen, im richtigen Moment sich dann selbst den Schubs geben und 'raus' laufen, um sich neu einzulesen. [...] Das Interview mit Konstantin führte sein Heimtrainer und Vereinskollege Wieland Kundisch.