01. April 2003
Rekord zerrann im Sennesand
27 Jahre lang stand ein eigenwilliger Streckenrekord unangefochten im ostwestfälischen Laufsport: Die 3000 Meter lange Luftliniendurchquerung einer Sand- und Heidefläche auf freier, unmarkierter Route. In der siebziger Jahren, als der Ausdauersport sich allgemein etablierte, fand in Ostwestfalen mehrmals ein Ausdauerzehnkampf statt, dessen beliebteste Disziplin dieser freie Cross über die offene Fläche des Stapellager Senne war. „Toter Gefreiter“ nannte man damals schon die läufermordenden Sanddünen unterhalb des Teutoburger Waldes als Anspielung auf viele militärische Schleifereien, die sicherlich nicht nur manchen Gefreiten vor Erschöpfung mausetot gemacht haben.
10 Minuten und 46 Sekunden standen als Rekord seit 1976 für die Durchquerung des „Toten Gefreiten“ zu Buche, gehalten von dem damals 37-jährigen Peter Gehrmann. Der Rekord wurde zwar mehrfach angegangen, blieb aber unangefochten bis zum 1. April 2003. Die Teilnehmer am Trainingslagers der Bundeskader AB hatten es sich vorgenommen: “Der Rekord muss fallen“. Hochmotiviert und allen voran hatte Ingo Horst mit seinen Alsbacher Teamkameraden Michael Thierolf und Markus Prolingheuer die Distanz bei einem vorgelagerten Trainingscamp bereits besichtigt und getestet. Beim Unternehmen „Rekordversuch“ sollte nichts dem Zufall überlassen sein; alles war professionell vorbereitet.
So war es nicht verwunderlich, das Hans-Eugen Schang, ehemals ostwestfälischer Laufpionier und heute zweiter Vorsitzender der ASG Teutoburger Wald die alten Ergebnislisten von 1976 hervorkramte und damit zusammen mit Axel Fischer als offizielles Kampfgericht am „Toten Gefreiten“ auflief. Exakt nach den alten Regeln durften die Teilnehmer vorher die Strecke besichtigen, mussten dann aber jedes Kartenmaterial und sogar den Kompaß abgeben, ehe sie sich der Starterin Meike Jäger stellen durften. In Zeitintervallen von drei Minuten keulten die Rekordanwärter ungeachtetet des böigen Westwindes ins raue Gelände. „ Gegenwind hatte ich auch“ feixte Noch- Rekordhalter Peter Gehrmann am Start in leiser Hoffnung, dass seine Bestzeit noch einmal überleben würde. Doch der hochmotivierte Ingo zeigte sich in bester Lauflaune und ließ alle Hoffnungen bald zerplatzen. Souverän drückte er die alte Bestmarke gleich um 47 Sekunden und steht nun mit 09, 59 Min als neuer Rekordhalter in der Laufgeschichte des „Toten Gefreiten“.
Nur drei Sekunden fehlten Holger Mager ( 10, 49 Min ) und sieben Sekunden Markus Prolingheuer (10,53) am Unterschreiten der alten Bestmarke. „ Das versuchen wir noch mal“, war ihre Sofortreaktion. Michael Thierolf mit 11,30 und Claus-Bernd Mikus( ASG) mit 12,02 sowie Daniel Härtelt mit 12,27 komplettierten das Feld der Rekordjäger. Ganz ausgezeichnet schlug sich als einzige Dame Bettina Schlaefke; sie kam in 14,52 recht dicht an die beste Damenzeit der „Gefreitendurchquerung“ heran, die mit 14,11 von der in den Siebzigern sehr populären Hermanslaufsiegerin Irmhild Holste ( 14,11) gehalten wird. 9: 59 Minuten quer durch den „Toten Gefreiten“ ! Soll dieser neue Rekord von Ingo Horst etwa auch 27 Jahre Bestand haben? Wer will sich heranwagen ?