13. Dezember 2018
Nihau (Hallo) - Was hat das mit OL zu tun?
Ein Erlebnis der ganz besonderen Art wird acht jungen deutschen Orientierungsläufern wohl noch sehr lange in Erinnerung bleiben. Die Chinesischen Gastgeber sorgten für unvergessliche Momente und zeigten sehr eindrucksvoll, wie der Orientierungslauf Menschen aus unterschiedlichsten Kulturkreisen verbinden kann. Wer neugierig darauf ist, was wirklich passiert ist, lese folgenden Reisebericht.

Foto:
Foto:
Langsam rollt das Flugzeug auf die Startbahn. Gleich heben wir ab in den Nachmittagshimmel von Shanghai. Das Bauchkribbeln setzt ein, als der Flieger abhebt und immer schneller in den Wolken verschwindet. Mit Wehmut versuche ich aus einem der Fenster noch einen letzten Blick auf dieses atemberaubende Land China zu erhaschen, in dem ich und sieben weitere OLer aus Deutschland (Berlin, Dresden und Jena) für eine Woche Gast sein durften. Mit uns waren 11 weitere Nationen eingeladen – unter anderem Kroatien, Kambodscha, Tschechien und Südkorea. Die Altersstruktur ging von 12 bis 19 Jahren. In den nächsten neun Stunden habe ich genügend Zeit noch einmal in Ruhe über das Erlebte nachzudenken und ein paar Gedanken festzuhalten. Vom 24. – 31. Oktober fand das 'Belt and Road – International Youth Orienteering Training Camp' in der ostchinesischen Provinz Jiangsu statt und wir hatten die Ehre dabei zu sein. Wir waren in drei Städten: Der Provinzhauptstadt Nanjing, sowie den nahegelegenen kleineren Städten Zhenjiang und Yixing. Schnell merke ich, dass es mir schwer fällt, die Eindrücke dieser Woche in Worte zu fassen. Ich fange am Besten von vorne an. Jeden Vormittag der sieben Tage fand eine Trainingseinheit statt. Diese variierte von Tag zu Tag. So machten wir einmal Golf-OL, sprinteten durch eine Altstadt oder liefen durch einen Bambuswald. Jeder Lauf war eine Abwechslung zu den gewohnten Umgebungen in Deutschland. Es war auch nicht immer so einfach wie eingangs gedacht. Auf jeden Fall war es interessant und aufregend, OL einmal auf einem völlig anderen Kontinent zu machen, und wir waren uns hinterher immer einig, dass es richtig viel Spaß gemacht hat. Am Nachmittag und Abend fanden dann die unterschiedlichsten Aktivitäten statt. Die Organisatoren gaben sich viel Mühe, den Gastnationen ein vielseitiges Programm darzubieten und uns in der kurzen Zeit möglichst viel von Land und Leuten zu zeigen. Wir besuchten einige Museen, verbrachten einen Abend mit einer Gastfamilie, wanderten, versuchten uns in Tai Chi und töpferten eine Teekanne, nur um einiges aufzuzählen.
Auf dem Bildschirm, der zu meinem Sitz gehört, sehe ich, dass wir gerade über die Mongolei fliegen. Leider sieht man nichts außer Wolken, wenn man aus dem Fenster schaut. Ich fange an, über das Erlebnis nachzudenken, welches mir wohl am deutlichsten in Erinnerung bleiben wird: Der Besuch einer Schule. An jenem Nachmittag wurde uns mitgeteilt, wir mögen doch bitte einen kleinen landestypischen Kulturbeitrag vorbereiten (zum Beispiel ein Lied singen oder etwas tanzen), den wir dann in dieser Schule den anderen Anwesenden vorführen sollen. Wir Deutschen wollten das 'Rote Pferd' tanzen. So fuhren wir nichts ahnend zu besagter Schule. Dort angekommen wurden wir von einer Schüler-Blaskapelle empfangen. Wir reagierten verwundert. Von so etwas hat uns keiner erzählt. Beim Betreten der Turnhalle jubelten uns hunderte Schüler zu. Danach wurde uns ein sehr perfektioniertes Programm dargeboten, mit Gesang, Reden, Tanz und Trommelschlägen. Dafür sollten wir also unseren Beitrag vorbereiten. Jetzt das 'Rote Pferd' zu tanzen wäre wirklich unangebracht gewesen. Zum Glück hatte sich Josephine kurzfristig bereiterklärt, stattdessen Schuberts 'Heidenröslein' zu singen. Somit rettete sie uns vor einem peinlichen Auftritt. An dieser Stelle noch einmal danke dafür an Josi. Nach der Showeinlage wurden Tische aufgebaut, wo man kleine Spiele spielen oder kreativ werden konnte. Ich ließ mir einen Fächer von einem der Schüler bemalen. Zwischendurch tauschten wir uns mit den anderen Schülern aus. Nach etwa einer Stunde war das Ganze auch schon wieder vorbei und wir fuhren zurück in unser Hotel.
Ich fand diesen Abend sehr überwältigend, da das Programm extra für uns vorbereitet worden war. Damit hatte ich nicht gerechnet. Auch hat man gesehen, wie gut die Chinesen darin sind, sich Gästen von ihrer besten Seite zu präsentieren. Auch die Offenheit und Freude der Schüler über unsere Anwesenheit fand ich sehr beeindruckend. So etwas kennt man von zu Hause einfach nicht. Wenn einer etwas von einem wollte, dann wuselten auch gleich noch drei andere um einen herum. Wir standen den ganzen Abend über im Mittelpunkt. Ich bin immer noch sprachlos, wenn ich heute daran denke. Für mich steht fest, dass die Chinesen das offenste und freundlichste Volk sind, das mir bis jetzt begegnet ist. Sie sind fröhlich und versuchen immer hilfsbereit zu sein. Da können sich viele noch eine Scheibe abschneiden. Auch die OLer aus den anderen Ländern waren sehr nett und es hat Spaß gemacht, so viele Gleichgesinnte zu treffen und sich mit ihnen zu unterhalten. Müde, aber mit einem etwas anderen Blick auf die Welt, neuen Eindrücken und den Kontakten unserer neuen Freunde, ein bisschen Fernweh nach China im Herzen und vielen Mitbringseln im Koffer landen wir schlussendlich in Berlin.
Mehr:
Chinesischer Abschlussbericht mit Fotos
Die bezirksfreie Stadt Nanjing