Was ist Präzisionsorientieren (Trail-O)? Was ist Präzisionsorientieren (Trail-O)?

Beim Präzisionsorientieren oder Trail Orienteering (kurz: Trail-O) steht das Kartenlesen und das exakte Zuordnen von Postenstandorten im Gelände anhand der Karte im Mittelpunkt. Geeignet ist das Präzisionsorientieren für jeden. Auch körperlich beeinträchtigte Menschen – egal ob im Rollstuhl, mit Gehhilfen oder Unterstützung einer anderen Person – können diesen inklusiven Orientierungssport ohne Nachteile betreiben. Die Geschwindigkeit, in der die Strecken absolviert werden, spielt eine untergeordnete Rolle.

Das Ziel beim Trail-O ist, bei mehreren Stationen – jeweils von einem vorgegebenen Entscheidungspunkt aus – diejenige von bis zu sechs Postenmarkierungen zu bestimmen, die dem in der Karte markierten Postenstandort entspricht und auf den die angegebene Postenbeschreibung zutrifft. Die Besonderheit dabei ist, dass der Weg nicht verlassen werden darf (daher die englische Bezeichnung "Trail Orienteering"), d.h. die Postenstandorte nicht aufgesucht werden dürfen.

An jeder Station sind dabei bis zu sechs Posten sichtbar, welchen stets von links nach rechts die Buchstaben A (Alpha), B (Bravo), C (Charlie), D (Delta), E (Echo) und F (Foxtrot) zugewiesen sind. Der Athlet muss die Position und Beschreibung der Posten in Verbindung mit der jeweiligen Karte überprüfen und am Entscheidungspunkt mittels Lochzange oder elektronischem Chip den Buchstaben der korrekten Postenmarkierung erfassen. Eine besondere Schwierigkeit besteht darin, dass es Stationen gibt, bei denen keine der Postenmarkierungen dem korrekten Standort entspricht. In diesem Fall lautet die Antwort Z (Zero). Pro korrekt zugeordnetem Posten gibt es einen Punkt.

Die benötigte Zeit und damit die Geschwindigkeit ist bei dieser international auch als "PreO" bezeichneten Form des Trail-O nicht enscheidend. Es wird lediglich eine Maximalzeit, innerhalb der die barrierefreie Strecke absolviert werden muss, vorgegeben. Die Zeit für die Bestimmung der Posten spielt beim PreO nur bei den meist ein bis zwei eingebauten so genannten "Zeitkontrollen" eine Rolle, bei der die Entscheidung unter Zeitdruck getroffen werden muss. Hier gibt es 60 Strafsekunden für jede falsche Antwort, allerdings gibt es hier keine Z-Antworten. Diese Zeitkontrollen entscheiden bei Punktgleichheit über die exakte Platzierung in der Ergebnisliste.

Eine weitere Trail-O-Disziplin ist der "TempO", das Hochgeschwindigkeitsorientieren. Hier geht es (wie bei den Zeitkontrollen des PreO) ausschließlich darum, die korrekten Postenmarkierungen in der schnellstmöglichen Zeit zu bestimmen. Anders als beim PreO sind hier Geschwindigkeit und Fehlerfreiheit beim Antworten stets gleichermaßen entscheidend. Das Ergebnis wird ermittelt aus der benötigten Zeit und 30 Strafsekunden pro falscher Antwort. An jeder Station sind im Sitzen meist fünf Aufgaben zu lösen, ein TempO-Kurs umfasst mehrere Stationen. Erschwerend kommt hinzu, dass hier Z-Antworten möglich sind.

Die jüngste Einzeldisziplin ist der PreO-Sprint. Bei dieser kurzen PreO-Variante gibt es bei jeder Aufgabe nur einen Posten im Gelände, bei dem entschieden werden muss, ob er richtig oder falsch steht. Die verfügbare Maximalzeit ist vergleichsweise gering und die Strecke sehr kurz, bei Punktgleichheit entscheidet die benötigte Zeit.

Neben den Einzeldisziplinen werden auch Trail-O-Staffeln ausgetragen. Diese Wettbewerbsform vereint Charakteristika der beiden Disziplinen PreO und TempO in sich.

Neben einer oder mehreren offenen Kategorien existiert beim Präzisionsorientieren meist eine so genannte "P-Kategorie" (vormals paralympische Kategorie) für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung. Das Präzisionsorientieren ist für alle Orientierungssportler perfekt geeignet, um geistig auf höchstem Niveau mit anderen zu konkurrieren oder die eigenen technischen Fähigkeiten zu verbessern. Mental ist diese Orientierungssportart die mitunter anspruchsvollste Wettkampfform.

Weltmeisterschaften im Trail-O finden seit 2004 statt, Europameisterschaften werden bereits seit 1994 ausgetragen. Aktuell finden die beiden Großereignisse wechselweise im Zweijahres-Turnus statt. Seit 2018 gibt es eine Weltrangliste der IOF, zudem hat sich der seit 2013 ausgetragene ECTO (European Cup in Trail Orienteering) zu einer hochwertigen Veranstaltungsserie von Weltniveau entwickelt. Seit Beginn der weltweiten Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 haben auch Online-Wettkämpfe – insbesondere im TempO – an Bedeutung und Beliebtheit gewonnen. In Deutschland gibt es derzeit nur einzelne Veranstaltungen. Die Zahl der Aktiven liegt aktuell auf niedrigem Niveau, steigt aber an.

 
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