01. Juli 2022
Tolles Teamergebnis im WM-Einzelsprint
Who can beat Tove Alexandersson? So titelte die offizielle Vorschau der IOF im Vorfeld der Weltmeisterschaften. Seit heute wissen wir: Megan Carter Davies can. Der Sieger des Einzelsprints bei den Herren war im Vorfeld bereits als Favorit gehandelt worden. Es gewann Kasper Fosser. Von den Deutschen schafften eine Dame und drei Herren den Einzug ins Finale. Susen Lösch erlief mit dem 24. Rang das beste deutsche Resultat am heutigen Tag, Bojan Blumenstein auf Platz 25, Colin Kolbe auf Platz 32 und Erik Döhler auf Platz 35 komplettierten ein hervorragendes deutsches Ergebnis.
Nach der Qualifikation noch war Susen Lösch mit ihrem Ergebnis nicht zufrieden. Sie qualifizierte sich als 10. zwar recht klar, hatte laut eigener Aussage aber Glück, denn in den beiden anderen Qualifkationsheats hätte es nicht gereicht. Technisch lief es nicht perfekt, häufig nahm sie „blöde“ Routen. Läuferisch musste sie aber alles geben, sodass das Finale am Abend umso härter werden würde. Mit ebenjenem Finale dagegen konnte sie noch einen versöhnlichen Abschluss im letzten WM-Lauf ihrer Karriere feiern. Platz 24 mit 1:24 Minuten Rückstand gleichbedeutend mit dem besten Sprintergebnis ihrer neunjährigen Elitekarriere. Sie holte alles aus den Beinen heraus, was noch da war und bis auf eine kurze Verbindung kam sie auch technisch gut über die Bahn. Sie vermutet, dass viele Konkurrentinnen durch den hohen technischen Anspruch ihr volles läuferisches Vermögen nicht ausspielen konnten, was ihr mit ihrem etwas langsameren Grundtempo sicherlich entgegenkam.
Unheimlich knapp verpassten Birte Friedrichs und Patricia Nieke das Finale. Beide wurden 16., sieben Sekunden fehlten Patricia auf Platz 15, der für die Finalteilnahme berechtigt hätte. Birte verpasste das Finale um 11 Sekunden. Trotzdem waren beide zufrieden mit ihren Läufen. Birte gab zu Protokoll, dass der Lauf zwar nicht perfekt war, sie trotzdem aber nicht viel hätte besser machen können. Patricia dagegen weiß recht genau, wo sie die Zeit liegen ließ. Zu Posten 4 wählte sie eine schlechte Route. Läuferisch fehlt nach eigener Aussage noch das bisschen Speed, um solche falschen Routen auszugleichen. Nach etwa der Hälfte wurde sie von der schnellen Schweizerin Elena Roos aufgelaufen, als sie gerade eine noch nicht vorgeplante Route anschaute. Und anstatt sich einfach zu entscheiden guckte sie, was die Konkurrentin machte, aber auch sie stand kurz herum. Schlussendlich nahmen sie erneut die falsche Route. Danach achtete Patricia wieder darauf eigene Entscheidungen zu treffen, doch wenn sie Roos vor sich sah, war sie zumindest zusätzlich motiviert zu beißen. Und am Ende wurde es dann ja auch recht knapp.
Als Erik Döhler schon recht früh im Rennen von dem nach ihm startenden Briten Kristian Jones aufgelaufen wurde, hätte er laut eigener Aussage niemals gedacht noch weiterzukommen. Profitieren konnte er von dem Konkurrenten nicht, zu sehr lief er schon am Anschlag. Schließlich reichte es auch durch Fehler der Konkurrenten und Erik rettete eine Sekunde ins Ziel. Im Finale (35., +2:04) waren die Beine dann bis kurz vor Schluss noch besser als erwartet, und so kam auf einer technisch sehr anspruchsvollen Bahn ein deutlich besseres Ergebnis heraus, als er vorher erwartet hätte. Richtig stolz war Erik über die Leistung und Entwicklung des gesamten Teams.
Colin Kolbe konnte bereits in der Qualifikation zum KO-Sprint zeigen, dass er physisch gut in Form war. In diesem Selbstbewusstsein ging er auch in die Qualifikation am Morgen, konzentrierte sich darauf ordentlich zu orientieren und wo möglich Druck zu machen. Als Dritter seines Vorlaufs hatte er schließlich einen guten Puffer, auch dadurch bedingt, dass er nur bei Mikroroutenwahlen falsche Entscheidungen traf. Motiviert ging er ins Finale (32., +1:53) und im Anfangsteil lief es dort auch noch sehr ordentlich, doch physisch fühlte er sich nicht mehr so stark wie zuvor. Gegen Ende kamen kleinere Unsauberheiten hinzu, ein Extrabogen zu Posten 14, eine schlechte Route zur 21. Schlussendlich war er nicht vollständig zufrieden mit dem Ergebnis.
Das beste deutsche Herrenergebnis erlief Bojan Blumenstein (25., +1:38). Physisch startete er im Finale defensiver als in der Quali, sodass er in einen guten Flow kommen konnte, ohne schon am Anschlag zu laufen. Nach der Arenapassage zog er das Tempo an und schloss mit einer rundum soliden und zufriedenstellenden Leistung seinen Lauf ab. Läuferisch war er letztendlich nicht am absoluten Limit, wohl aber am Limit dessen, was er bei diesem Tempo o-technisch verarbeiten könne, sodass nicht mehr drin gewesen wäre. Sein Ergebnis reiht sich in seine guten Ergebnisse von 2019 – 24. Mitteldistanz, 26. Langdistanz – ein, exakt dort, wo er sich mit einem optimalen Lauf im Vorhinein gesehen hatte.
Cheftrainer Thomas Meier zieht zum Abschluss der Weltmeisterschaften ein gemischtes Fazit. Die Teamleistung bei den Einzeldisziplinen bewertet er als sehr positiv. Vor allem, dass bei den letzten beiden Weltmeisterschaften alle Herren ins Finale des Einzelsprints einziehen konnten, sei ein sehr gutes Zeichen. Dabei waren es nichteinmal dieselben Herren, sondern fünf verschiedene. Allerdings fehlte die herausragende Einzelleistung in einem der Finale und das erreichbare Ziel in der Staffel wurde verfehlt.
Wie schon im Einleitungstext angedeutet, die Frage in der Damenkonkurrenz vor dem Rennen war, ob Tove Alexandersson bei ihrem aktuellen Tempo überhaupt zu schlagen ist. Es zeigte sich, dass es tatsächlich möglich ist, an einem Tag, an dem die große Favoritin auf einer technisch höchst anspruchsvollen Strecke sich doch zu viele Fehler erlaubte. Bereits zu Posten 2 lief sie in eine Sackgasse, nocheinmal schließlich zum 16. Posten. Und auch läuferisch wirkte sie an diesem Tag nicht so unschlagbar wie noch im KO-Sprint. So war es an der Silbermedaillengewinnerin des KO-Sprints, Megan Carter Davies, ihre aktuell überragende Form zur Schau zu stellen. Nach einem Sieg bereits in der Qualifikation startete sie als letzte Starterin, am Ende realisierte sie das Ergebnis bereits im Zieleinlauf. Mit einem technisch einwandfreien Rennen holte sie die umjubelte Goldmedaille. Nach dem Rennen gab sie zu Protokoll, dass sie diese Leistung jetzt noch gar nicht richtig begreifen könne. In zwei Jahren wartet dann eine Titelverteidigung – bei der Heim-WM in Edinburgh. Durch eine Verletzung an der Wade war Simona Aebersold noch im Frühjahr ausgebremst worden, beim Weltcup in Borås noch waren die Ergebnisse für ihre Verhältnisse außergewöhnlich schwach. Doch sie wurde rechtzeitig fit und nach einem kleinen Fehler zum zweiten Posten – identisch dem Alexanderssons – konnte auch sie einen stabilen und schnellen Lauf zeigen und sicherte sich mit 6 Sekunden Rückstand die Silbermedaille. Den dritten Rang erlief ebenfalls eine Läuferin aus dem starken britischen Team. Alice Leake erhielt mit 18 Sekunden Rückstand die Bronzemedaille. Dass sie das Potential hat, zeigte sie bereits bei kleineren Rennen dieses Jahr, unter anderem beim Sprintmeeting in Antwerpen. Hinter Andrine Benjaminsen (NOR) und Elena Roos (SUI) wurde Tove Alexandersson schlussendlich 6. Damit endet ihre Serie von 11 WM-Rennen in Folge, in denen sie die Goldmedaille gewann. Zuletzt in der Staffel 2018 war es „nur“ Silber.
Bei den Herren wurde von dem jungen Australier Aston Key früh eine Bestzeit gesetzt. Mit einer schnellen und sicheren Leistung konnte er einen Lauf ins Ziel bringen, der schlussendlich für den fünften Rang reichte. Zahlreiche namhafte Konkurrenten konnten ihn auf den Zwischenzeiten früh im Rennen schlagen, alle fielen sie jedoch bis zur Ziellinie hinter seine Zeit zurück. Erst der starke norwegische Sprintspezialist Havard Eidsmo konnte seine Zeit unterbieten. Gustav Bergman war der nächstschnellere Läufer, der in der Folge ins Ziel kommen sollte. Der Schwede ist eigentlich nicht als ausgewiesener Sprintspezialist bekannt, zeigte aber, dass er verdammt schnelle Beine hat, vor allem wenn es technisch wird. Er musste sich nur dem späteren Sieger Kasper Fosser (NOR) geschlagen geben. Ähnlich wie Freundin Aebersold kämpfte auch Fosser im Winter mit einer Verletzung. Er wurde früher wieder fit, gewann unter anderem den Einzelsprint beim Weltcup. Vor zwei Tagen ließ er dann allerdings den KO-Sprint aus, um sich auf den heutigen Wettkampf zu konzentrieren. Vielleicht wären sonst wieder Probleme aufgetreten, die dieses Ergebnis unmöglich gemacht hätten. Eine Entscheidung, die sich auszahlte, denn am Ende konnte er mit 16 Sekunden Vorsprung den Wettkampf für sich entscheiden. Dramatisch wurde es nocheinmal mit den letzten beiden Startern. Yannick Michiels (BEL) lief auf dem dritten Rang ein. Sein Blick zur Anzeigetafel: ungläubig, aber auch skeptisch; er schien zu wissen, wer da noch hinter ihm kam. Und tatsächlich kam der Brite Kristian Jones kurz darauf mit vier Sekunden Vorsprung vor dem Belgier ins Ziel und verdrängte Michiels auf Platz 4 – den Platz also, den er in jüngerer Vergangenheit so häufig bei internationalen Großanlässen belegt hatte. Der Brite schrie seine Freude heraus, der Belgier verließ schon mit hängendem Kopf die Bühne. Doch nur wenige Minuten später war klar: Kristian Jones hatte einen Posten vergessen und musste disqualifiziert werden. Und Michiels konnte sich doch noch über die lang ersehnte Medaille freuen.
Eine Überraschung für die LäuferInnen gab es auf der Arenapassage. Die Pflichtstrecke kreuzte einen flachen Wasserlauf, eine sicherlich willkommene Abkühlung für die Läufer bei 25°C, die mitunter sogar für eine spontane Bauchlandung genutzt wurde.
Ergebnis:
Damen
- Megan Carter Davies (GBR) 14:22
2. Simona Aebersold (SUI) +0:06
3. Alice Leake (GBR) +0:18
4. Andrine Benjaminsen (NOR) +0:19
5. Elena Roos (SUI) +0:24
6. Tove Alexandersson (SWE) +0:29
24. Susen Lösch +1:24
16. QA Patricia Nieke +1:14 (+0:07)
16. QC Birte Friedrichs +1:28 (+0:11)
Herren:
- Kasper Harlem Fosser (NOR) 13:56
2. Gustav Bergman (SWE) +0:16
3. Yannick Michiels (BEL) +0:24
4. Havard Sandstad Eidsmo (NOR) +0:29
5. Aston Key (AUS) +0:38
6. Ralph Street (GBR) +0:40
25. Bojan Blumenstein +1:38
32. Colin Kolbe +1:53
35. Erik Döhler +2:04
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